Entscheidungsstichwort (Thema)

AGB zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft mit Kündigungsmöglichkeit bei Nichterfüllung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine als AGB anzusehende Bauvertragsklausel anzusehende Regelung, die die Überlassung einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Nettoauftragssumme innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Auftragserteilung vorsieht und dem Auftraggeber im Falle der Nichtvorlage trotz Setzung einer Nachfrist mit Kündigungsandrohung die Kündigung des Vertrages mit den Rechtsfolgen des § 8 Abs. 3 VOB/B eröffnet, begegnet keinen Wirksamkeitsbedenken.

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 25.02.2016; Aktenzeichen 1 O 33/15)

 

Tenor

Auf die Berufung wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Mainz vom 25.2.2016 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, die Bürgschaftsurkunde Nr. 123 vom 2.7.2014 zu Gunsten der G. (aus dem Bauvorhaben...) über einen Betrag von 585.200,00 EUR an die Bürgin D. Bank aus der Masse herauszugeben.

Es wird festgestellt, dass der Klägerin im Insolvenzverfahren über das Vermögen der G. Avalzinsen für die Bürgschaft Nr. 123 der D. Bank vom 2.7.2014 in Höhe von 2 % p. a. aus einem Betrag von 585.200,00 EUR vom 26.7.2014 bis 10.3.2016 zustehen.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin aus der Masse Avalzinsen für die Bürgschaft Nr. 123 der D. Bank vom 2.7.2014 in Höhe von 2 % p. a. aus einem Betrag von 585.200,00 EUR seit dem 4.5.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 10 % und der Beklagte zu 90 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 230.000 EUR, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Herausgabe einer Sicherungsbürgschaft nach § 648a BGB, verfolgt Ansprüche auf Ersatz von Avalzinsen und erhebt Ansprüche wegen der Mehrkosten für eine Auftragsneuvergabe nach außerordentlicher Kündigung. Der Beklagte verfolgt widerklagend einen Anspruch auf Kündigungsvergütung nach § 649 BGB.

Mit Bauvertrag vom 17.4.2014 beauftragte die Klägerin die G. (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin) mit der Erbringung von Bauleistungen für ein Wärmedämmverbundsystem unter Vereinbarung einer Vergütung in Höhe von 532.000,00 EUR netto (Anlage K1; Bl. 14 ff. GA). Ziff 8.1 des Bauvertrags sah die Überlassung einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Nettoauftragssumme innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Auftragserteilung vor und eröffnete der Klägerin als Auftraggeberin im Falle der Nichtvorlage trotz Setzung einer Nachfrist mit Kündigungsandrohung die Kündigung des Vertrages mit den Rechtsfolgen des § 8 Abs. 3 VOB/B.

Mit Schreiben vom 12.6.2014 (Anlage K2; Bl. 32 GA), 23.6.2014 (Anlage K3; Bl. 34 GA) und 30.6.2014 (Anlage K4; Bl. 37 GA) forderte die Klägerin die Insolvenzschuldnerin zur Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft auf. Im Schreiben vom 30.6.2014 setzte sie eine Nachfrist zum 11.7.2014 und drohte die Kündigung des Vertrages an.

Parallel hierzu forderte die Insolvenzschuldnerin mit Schreiben vom 30.6.2014 (Anlage K5; Bl. 39 GA) die Klägerin zur Vorlage einer Bürgschaft nach § 648a BGB in Höhe von 585.200,00 EUR auf. Mit Schreiben vom 3.7.2014 (Anlage K6; Bl. 40 f. GA) legte die Klägerin eine entsprechende Zahlungsbürgschaft der D. Bank vor. Die Avalprovision beträgt 2 % p. a.

Nach erfolglosem Ablauf der Frist zur Vorlage der Vertragserfüllungsbürgschaft durch die Insolvenzschuldnerin kündigte die Klägerin den Bauvertrag mit Schreiben vom 14.7.2014 (Anlage K7; Bl. 43 GA). Die Insolvenzschuldnerin erteilte unmittelbar ihre Schlussrechnung vom 14.7.2014 (Anlage K8; Bl. 44 ff. GA).

Mit Schreiben vom 16.7.2014 forderte die Klägerin die Insolvenzschuldnerin auf, die überlassene Bürgschaft nach § 648a BGB zurückzugeben. Die gesetzte Frist zum 25.7.2014 verstrich fruchtlos.

Am 4.8.2014 beauftragte die Klägerin die I. GmbH mit der Ausführung der bei der Insolvenzschuldnerin in Auftrag gegebenen Leistungen. Diese rechnete ihre Tätigkeit zu einem Pauschalpreis von 555.000,00 EUR netto ab.

Die Klägerin hat zur Begründung ihres erstinstanzlichen, noch gegen die Insolvenzschuldnerin gerichteten Begehrens auf Herausgabe der Bürgschaft nach § 648a BGB, der Erstattung von Avalzinsen in Höhe von 2 % p. a. seit 26.7.2014 und Ersatz kündigungsbedingter Mehrkosten von 23.000,00 EUR vorgetragen, sie habe den Bauvertrag wirksam aus wichtigem Grund gekündigt. Die Regelung im Bauvertrag, nach der bei Nichtvorlage einer Vertra...

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