Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Anwendbarkeit der Grundsätze der Geschäftschancenlehre auf die GbR; Verstoß gegen gesellschaftliche Treuepflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Die Grundsätze der Geschäftschancenlehre finden auch auf die GbR Anwendung.
2. Der Gesellschafter einer GbR verstößt gegen seine Treuepflicht, wenn er zunächst Verhandlungen über den Kauf eines Grundstücks für die Gesellschaft führt und dann das Grundstück privat erwirbt.
Normenkette
BGB § 705; GG Art. 12
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 25.02.2010; Aktenzeichen 3 O 217/08) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Koblenz vom 25.2.2010 - 3 O 217/08, wird insoweit zurückgewiesen, wie dieser dem Grunde nach zum Schadensersatz verurteilt wurde.
2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
3. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. De Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen der Verletzung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten.
Die Gesellschafter der Klägerin und der Beklagte sind Geschwister. Im Jahre 2000 hatten sie gemeinsam die Klägerin errichtet. In § 1 des Gesellschaftsvertrages vom 12.10.2000 wird als Geschäftszweck der Erwerb, das Halten und das Verwalten von Wohn- und Geschäftsgebäuden sowie unbebauter Grundstücke angegeben. Gemäß § 7 des Vertrages waren die drei Gesellschafter grundsätzlich gemeinschaftlich zur Geschäftsführung und Vertretung berufen. Der Beklagte war darüber hinaus einzeln geschäftsführungs- und vertretungsbefugt, wobei er nur berechtigt war, für die Gesellschaft zu handeln und das Gesellschaftsvermögen zu verpflichten. Zum 31.12.2006 ist der Beklagte aufgrund einer Eigenkündigung aus der Gesellschaft ausgeschieden. Über den Auseinandersetzungsanspruch des Beklagten ist noch ein anderweitiger Rechtsstreit anhängig.
Die Klägerin ist Eigentümerin von Geschäftsgrundstücken in der R. straße in C., wo sie Büro- und Geschäftsflächen sowie Parkflächen dauerhaft und kurzfristig an deren Mieter oder sonstige Kurzparker vermietet. In der Vergangenheit hatte sie bereits zumindest einmal ein Angebot auf Anmietung neuer (Parkplatz-)Flächen an den Beklagten zu dessen Eigennutzung weitergeleitet (Bl. 111 GA).
Ende 2004 erfuhr der Beklagte aus der Zeitung, dass die D. AG Grundstücke in der P. straße in C., nach den unterschiedlichen und differierenden Angaben der Parteien zwischen 180 und 500 m vom Grundbesitz in der R. straße entfernt, zum Kauf anbot. Hierüber informierte er seine Geschwister und Mitgesellschafter. Einen Kauf durch die Klägerin erachtete er ausweislich seiner persönlichen Anhörung v. 30.10.2008 als sinnvoll (Bl. 126 GA). Er richtete am 25.2.2005 auf einem Briefbogen der Klägerin eine Bauvoranfrage an die Stadtverwaltung C. (Bl. 24 GA), um die Möglichkeit der Nutzung als Parkplatz feststellen zu lassen. Ein ihm von der Verkäuferin mit dem Verbot der Weitergabe an Dritte (Bl. 42 GA) zur Verfügung gestelltes Bodengutachten (Altlasten), überließ er ebenfalls seinen Geschwistern. Den möglichen Erwerb besprach er mit dem Architekten und dem Steuerberater der Klägerin. Mit seinem Bruder besichtigte er im März 2005 den zu erwerbenden Grundbesitz, wobei der Inhalt der Gespräche zwischen den Parteien streitig ist. Die Kreisverwaltung C. stimmte dem Vorhaben im Schreiben vom 30.3.2005 (Bl. 256 GA) ebenso wie die Stadtverwaltung C. (Bl. 25 GA) mit der Maßgabe zu, dass eine Entwidmung des Grundbesitzes erfolgte. Auf schriftliche Anfragen der Kreisverwaltung C. vom 23.06. und 9.12.2005 an die GbR reagierte der Beklagte nicht mehr.
Am 29.11.2005 gründete der Beklagte gemeinsam mit seiner Ehefrau die B. GmbH, die noch im Jahre 2005 die streitgegenständlichen Grundstücke in der P. straße erwarb und seit dem dort einen entgeltlichen Parkplatz betreibt. Im Jahre 2006 erzielte die GmbH ausweislich der veröffentlichten Bilanz einen Gewinn von zumindest 10.438,74 EUR.
Die Klägerin hat gemeint, der Beklagte habe eine ihr zustehende Geschäftschance unter Verstoß gegen seine Treupflichten als geschäftsführender Gesellschafter für sich selbst genutzt, was ihn zum Schadensersatz verpflichte. Sie hat vorgetragen:
Der Beklagte sei seitens der Gesellschaft mit dem Erwerb der Grundstücke beauftragt gewesen, da anderenfalls ein Stellplatznachweis für die bisher im Eigentum der Klägerin stehenden Gebäude kaum zu erbringen sei. Der Beklagte habe den Bescheid der Stadtverwaltung C. vom 4.5.2005 als negativen Bescheid dargestellt, so dass die Sache nicht weiterverfolgt werden könne. Tatsächlich habe sie erst im Februar 2006 rechtssicher erfahren, dass der Beklagte die Grundstücke für sich erworben habe. Sie sei finanziell in der Lage gewesen, den Kaufpreis und die Investitionskosten aufzubringen. Andere Investitionsvorhaben von rund 1 Mio. EUR seien zum maßgeblichen Zeitraum noch nicht beschlossen gewesen. Ungeachtet dessen hätte das Investitionsvolumen durch ein Darlehn oder weiter...