Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansprüche bei Überweisung auf ein falsches Konto an einen falschen Empfänger

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 29.08.2002; Aktenzeichen 6 O 84/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.8.2002 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Trier abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 68.172,25 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.8.2001 zu zahlen.

2. Die weiter gehende Klage wird als unzulässig abgewiesen, soweit die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten im Hinblick auf die Abtretungserklärung begehrt wird.

II. Die weiter gehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die jeweils andere Partei vorher in jeweils gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistungen können durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaften von im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituten bewirkt werden.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Unter Vorspiegelung der falschen Tatsache, er werde von der Firma S. & E. einen Häcksler für 440.000 DM beziehen, auf den er 240.000 DM gezahlt habe, veranlasste der Landwirt B., dass die Klägerin mit ihm einen Leasingvertrag über 200.000 DM abschloss. Nach Vorlage einer von B. gefälschten Rechnung, in der die Firma S. & E. als Aussteller und ein Konto des B. bei der Beklagten als Empfängerkonto angegeben waren, überwies die H.-bank auf Anweisung der Klägerin den Leasingbetrag von 200.000 DM am 24.8.2001 mit der Empfängerangabe S. & E. auf dieses Konto, dem der Betrag am 27.8.2001 gutgeschrieben wurde. Noch am gleichen Tag sowie am Folgetag zahlte die Beklagte die 200.000 DM in zwei Barbeträgen (120.000 DM und 500 DM) und durch Belastung mit Überweisungen an B. aus.

Mit der Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Rückzahlung in Anspruch genommen.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat der Klage zu 2/3 stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 68.172,25 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basissatz seit dem 27.8.2001 gegen Abtretung von in dieser Höhe der Klägerin gegen B. zustehenden Schadensersatzansprüchen verurteilt. Es hat weiterhin den Verzug der Beklagten mit der Annahme der Abtretungserklärung festgestellt.

Es hat der Klägerin dem Grunde nach aus abgetretenem Recht der H.-bank einen Anspruch aus den §§ 675, 667 BGB a.F. zugesprochen, weil die Beklagte den ihr von der H.-bank erteilten Auftrag nicht ordnungsgemäß ausgeführt habe, da sie den Betrag der Firma S. & E. hätte gutschreiben müssen. Darüber hinaus habe die Klägerin auch einen eigenen Anspruch gegen die Beklagte nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (§§ 676a, 676g, 328, 278, 276 BGB). Das Verschulden der Beklagten liege insoweit in der Barauszahlung von 120.000 DM an B. ohne Überprüfung der Übereinstimmung zwischen Empfängerbeziehung und Kontonummer. Darin liege auch ein Verstoß gegen die §§ 2, 9 des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten. Soweit die Beklagte sich darauf berufe, dass sie die Abgleichung zwischen Empfängername und Kontonummer erst abends vornehme, sei dies ohne Erfolg, weil die Handhabung auf einem Organisationsmangel beruhe. Ohne Erfolg berufe sich die Beklagte ferner darauf, dass ihr Mitarbeiter P. wegen der Klärung der Divergenz bei der Klägerin nachgefragt und die Anweisung erhalten habe, den Betrag dem Konto mit der angegebenen Nummer gutzuschreiben. Denn die Beklagte behaupte nicht einmal, dass der Zeuge P. die Klägerin darauf hingewiesen habe, dass als Empfänger nicht die Firma S. & E., sondern eine andere Person angegeben gewesen sei. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, wäre kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass eine Person in der Buchhaltung befugt gewesen sei, die Anweisung zu erteilen, dass die Beklagte an einen anderen als die Firma S. & E. habe gutschreiben dürfen. Die Klägerin treffe jedoch ein anzurechnendes Mitverschulden, weil sie mit der Firma S. & E. keinen Kontakt aufgenommen habe, weil sie vor der Überweisung die Originalrechnung nicht verlangt habe und weil sie sich über die Solvenz des B. nicht informiert habe. Der Verschuldens- und Verursachungsanteil der Beklagten sei jedoch höher, und zwar mit 2/3 zu bewerten, weil sie vor der Fülle von Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Kontoeröffnung und die Verfügung über den angewiesenen Betrag die Augen verschlossen habe, obwohl mit der Leistung des ausgeurteilten Betrages die Ansprüche der Klägerin gegen B. gem. § 426 Abs. 2 BGB auf die Beklagte übergingen und es einer Abtretung nicht bedürfe, sei s...

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