Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeitszusatzversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erklärt der Versicherer den Rücktritt vom Lebensversicherungsvertrag (Hauptversicherung)kann die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nicht isoliert fortbestehen. Wird der Rücktritt von der Hauptversicherung erklärt, ohne dass auch vorsorglich der Rücktritt von der Zusatzversicherung erklärt wird, muss die Gefahrerheblichkeit in bezug auf die abgeschlossene Lebensversicherung bestehen. Denn verschwiegene Umstände können für den Abschluss einer in die Lebensversicherung abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung erheblich sein, müssen dies aber nicht für die Lebensversicherung.

2. Wird im Antragsformular zum Abschluss einer Lebensversicherung u. a. nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden der Nerven (Gemütsstörungen) gefragt, ist der Antragsteller gehalten anzugeben, dass er 6 Tage vor Abschluss der Versicherung sich in fachpsychiatrische Behandlung begeben hat, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt noch keine definitive Kenntnis von der getroffenen Diagnose „reaktive Depression” hatte, die u. a. auf einer narzißtischen Persönlichkeitsstörung beruht.

 

Normenkette

ABL 94 § 6; BB-BUZ § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 10 Abs. 1; VVG 16; VVG 20; VVG 21

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 16 O 559/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 19. November 1999 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des Betrages in Höhe von 10.000,– DM abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) erbracht werden.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) in Anspruch.

Der Kläger, der von Beruf Polizist war, hatte am 16.3.1995 den Abschluss einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung beantragt. Der Versicherungsschein datiert auf den 31.3.1995 mit Versicherungsbeginn zum 1.4.1995.

Am 6.11.1995 wurde zunächst aufgrund einer amtsärztlichen Untersuchung die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers festgestellt. Mit Bescheid vom 11.6.1997 erfolgte schließlich die Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen zusätzlicher Verwaltungsdienstunfähigkeit. Ausschlaggebend waren ein erhebliches Tinnitussyndrom sowie ein depressives Syndrom auf dem Boden einer narzißtischen Persönlichkeitsstörung.

Die Beklagte trat mit Schreiben vom 1.12.1997 von dem Lebensversicherungsvertrag zurück und zahlte die Rückvergütung (§ 6 ABL 94) aus. Bezüglich der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung verwies die Beklagte in ihrem Schreiben darauf, dass vor Versicherungsbeginn bereits vorhandene Gebrechen, die nach Versicherungsbeginn zur Offenbarung der Berufsunfähigkeit führen, nicht versichert seien. Die Beklagte benötige daher den Nachweis, dass die der Berufsunfähigkeit zugrundeliegenden Gebrechen nach dem Beginn der Versicherung aufgetreten seien. Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung einer vierteljährlichen Rente in Höhe von 3.064,68 DM in Anspruch genommen.

Der Kläger ist der Auffassung,

es liege keine vorvertragliche Anzeigenpflichtverletzung vor. Die Beklagte sei zum Rücktritt aus dem Vertrag nicht berechtigt. Die Beschwerden, die er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gehabt habe, hätten keinen Krankheitswert gehabt und seien deshalb als unerheblich angesehen worden. In dem Fragebogen werde nach Depressionen nicht gefragt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn vierteljährlich 3.064,68 DM, rückwirkend seit dem 1.7.1997 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung,

durch das Verschweigen der dem Kläger bekannten Diagnose „reaktive Depression” habe er seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt. Im übrigen komme es nicht darauf an, ob der Versicherungsnehmer seine Beschwerden selbst als krankhaft einstufe.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, es sei ein wirksamer Rücktritt erfolgt. Der Kläger habe bei Schließung des Vertrages einen gefahrerheblichen Umstand, nämlich das Vorliegen einer reaktiven Depression verschwiegen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Der Kläger trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, es liege keine Anzeigepflichtverletzung vor. Eine reaktive Depression sei weder zu den Störungen oder Beschwerden des Gehirns, noch solchen des Rückenmarks oder der Nerven zuzuordnen. Das Landgericht habe zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass der Fragebogen von dem Versicherungsagenten ausgefüllt worden sei und dieser die Fragen dem Kläger nur einmal rec...

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