Entscheidungsstichwort (Thema)

Privatverkäufer haftet für die Erklärung, der veräußerte Gebrauchtwagen habe einen Austauschmotor - Abgrenzung zu OLG Saarbrücken in NJW-RR 2012, 1080

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erklärt der Verkäufer eines Gebrauchtwagens, das Fahrzeug habe bei einer bestimmten Laufleistung einen Austauschmotor erhalten, liegt darin die Beschaffenheitsvereinbarung, dass der Originalmotor durch ein Triebwerk ersetzt ist, das anlässlich seines Einbaus unter Auswechselung wesentlicher Teile aufgearbeitet und erfolgreich geprüft wurde.

2. Enthält der Formularvertrag über den Kauf des Gebrauchtfahrzeugs neben dem nach § 308 Nr. 8 lit. b BGB unbedenklichen Ausschluss der Sachmängel- haftung auch eine Klausel, die eine Haftung für Personenschäden und grobes Verschulden ausschließt, führt der darin liegende Verstoß gegen § 309 Nr. 7 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Klauselwerks.

3. Ungeachtet dessen kann der private Verkäufer eines Gebrauchtwagens "mit Austauschmotor" die darin liegende Beschaffenheitsvereinbarung nicht durch einen Haftungsausschluss unterlaufen, der in einem derartigen Fall nur für die von § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB erfassten Mängel gilt.

 

Normenkette

BGB § 309 Nrn. 7-8, §§ 346-348, 433-434, 437, 444

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 29.10.2012; Aktenzeichen 2 O 196/11)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird in Aufhebung des Urteils der 2. Zivilkammer des LG Mainz vom 29.10.2012 unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger 11.572,64 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.3.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen die Rückübertragung des Pkw Porsche 944, Erstzulassung 15.3.1987, Fahrgestell-Nr. WPOZZZ94ZHN450977; außerdem wird festgestellt, dass die Beklagte mit der Annahme des Pkw in Verzug ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagte verkaufte dem Kläger am 5.2.2011 einen Pkw Porsche 944 zum Preis von 3.500 EUR. Der Wagen wies einen Kilometerstand von 214.000 auf. Er stammte aus dem Nachlass des Ehemanns der Beklagten, in dem sich noch ein zweites Auto desselben Fabrikats befand.

Der Kläger hatte das von ihm erworbene Fahrzeug am 23.1.2011 bei der Beklagten besichtigt. Seiner anfänglichen Darstellung zufolge wurde ihm in diesem Zusammenhang eine auf 6.200 EUR lautende Rechnung über den Einbau eines Austauschmotors präsentiert. Später hat er vorgetragen, die Beklagte habe seinerzeit erklärt, dass der Wagen bei einem Kilometerstand von 211.459 einen Austauschmotor erhalten habe, für dessen Anschaffung 8.000 EUR aufgewandt worden seien.

Nach dem Vorbringen der Beklagten war lediglich vom Einbau eines "anderen Motors" die Rede. Dazu existiert eine vom 19.7.2002 datierende Rechnung, die u.a. die Auslieferung eines Motorblocks für 647,80 EUR nebst Mehrwertsteuer ausweist und die Kilometerleistung des Porsche mit 186.422 angibt. Sie wurde dem Kläger nach der in der Klageschrift enthaltenen Darstellung bei Vertragsschluss ausgehändigt, seinem späteren Vortrag nach indessen zu keiner Zeit vorgelegt.

Außer der Rechnung vom 19.7.2002 ist eine Rechnung vom 9.6.2005 vorhanden, die sich über Motorreparaturkosten von insgesamt 1.449,17 EUR verhält und einen Kilometerstand von 211.459 nennt. Auch diese Rechnung hat der Kläger seiner Behauptung gemäß nicht erhalten.

Der Kaufvertragsschluss vom 5.2.2011 erfolgte bei der Beklagten schriftlich auf der Grundlage eines Formulars, in das der Kläger Eintragungen machte. Dabei vermerkte er: "Fahrzeug hat AT Motor bei 211.459 km bekommen, mit Rechnungen belegt." Der Kläger hat vorgebracht, er habe eine entsprechende, wohl gefälschte Rechnung "über 6.000 EUR bis 8.000 EUR" eingesehen. Außerdem habe die Beklagte "klar und deutlich erklärt, dass das Fahrzeug einen Austauschmotor bei Kilometer 211.459 erhalten hat".

Unstreitig hat es den vom Kläger angesprochenen teuren Motoraustausch nach 211.459 km nicht gegeben. Im Hinblick darauf hat der Kläger den Kaufvertrag mit anwaltlichem Schreiben vom 29.4.2011 wegen arglistiger Täuschung angefochten und im vorliegenden Rechtsstreit die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 11.572,64 EUR Zug um Zug gegen die Rückgabe des Pkw Porsche 944 unter gleichzeitiger Feststellung des Gläubigerverzugs begehrt. Der Betrag von 11.572,64 EUR setzt sich aus dem Kaufpreis von 3.500 EUR, dem Entgelt für erworbene Ersatzteile von 4.733,54 EUR und zugehörigen Montagekosten von 3.339,10 EUR zusammen.

Das LG hat mehrere Zeugen zum Geschehenshergang am 23.1. und 5.2.2011 vernommen und die Klage sodann abgewiesen. Seiner Ansicht nach ist der Beklagten weder eine - die Vertragsanfechtung durch den Kläger tragende - arglistige Täuschung noch ein zum Schadensersatz verpflichtender schuldhafter Pflichtverstoß anzulasten. Es sei nicht erwiesen, dass dem Kläger falsche Angaben hinsichtlich eines Austauschmotors gemacht worden seien. Für das streitige Auto sei 2002 ein Ersatzmotor angeschafft worden. Wann er eing...

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