Gewährleistungsausschluss gilt nicht für Beschaffenheitsvereinbarungen
In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass seine Rechtsprechung, wonach die Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit der Kaufsache nicht von einem Gewährleistungsausschluss erfasst wird, auch für den Kauf sehr alter Gebrauchtwagen wie Oldtimern gilt.
40 Jahre alten Oldtimer mit funktionierender Klimaanlage gekauft
Im März 2021 hatte der Kläger privat von dem Beklagten einen im Juli 1981 erstmals zugelassenen Mercedes-Benz 380 SL mit einer Laufleistung von rund 150.000 km zu einem Kaufpreis von 25.000 EUR erworben. Der Kaufvertrag kam aufgrund einer Verkaufsanzeige des Beklagten auf einer Online-Plattform zustande. Hierin hieß es unter anderem: „Klimaanlage funktioniert einwandfrei. Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung“.
Klimaanlage schon nach wenigen Wochen defekt
Einige Wochen nach dem Kauf beanstandete der Kläger einen Defekt der Klimaanlage. Unter Hinweis auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss verweigerte der Beklagte eine Instandsetzung. Daraufhin ließ der Kläger die Klimaanlage durch Einbau eines neuen Kompressors instand setzen und forderte vom Beklagten die Erstattung der aufgewandten Reparaturkosten in Höhe von rund 1.750 EUR. Da der Beklagte die Erstattung ablehnte, zog der Kläger vor Gericht.
Klage über 2 Instanzen ohne Erfolg
Die Klage blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos. Die Gerichte qualifizierten die Zusicherung der Funktionsfähigkeit der Klimaanlage als Beschaffenheitsvereinbarung. Beide Vorinstanzen vertraten jedoch die Auffassung, dass bei einem rund 40 Jahre alten Oldtimer der Käufer auch in einem solchen Fall mit dem Auftreten von Reparaturbedarf allein wegen des Alters des Fahrzeugs rechnen müsse. Die Zusicherung über die einwandfreie Funktion der Klimaanlage habe sich lediglich auf den Zustand der Klimaanlage zum Zeitpunkt des Verkaufs des Fahrzeugs bezogen. In Anbetracht des Gewährleistungsausschlusses, der in der Verkaufsanzeige unmittelbar mit der Zusicherung der Funktionsfähigkeit zusammenhing, habe der Kläger nicht darauf vertrauen können, dass der Verkäufer für den Fortbestand einer einwandfreien Funktion der Klimaanlage habe einstehen wollen.
Gewährleistungsausschluss erfasst nicht Beschaffenheitsvereinbarung
Dies sah der BGH gänzlich anders. Der Senat verwies auf seine gefestigte Rechtsprechung, dass in Fällen einer ausdrücklich oder stillschweigend vereinbarten Beschaffenheit einer Sache im Sinne von § 434 BGB ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen sei, dass er sich nicht auf das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur auf sonstige Mängel des Kaufgegenstandes erstreckt (BGH, Urteil v. 29.11.2006, VIII ZR 92/06). Die Bedeutung und den Geltungsbereich dieses Grundsatzes hatten die Vordergerichte nach Auffassung des Senats verkannt.
Beschaffenheitsvereinbarung geht vor
Nach Auffassung des BGH kam eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorliegend nicht in Betracht. Aus Sicht eines verständigen Käufers gehe auch dann, wenn eine zugesicherte Beschaffenheit und ein Gewährleistungsausschluss räumlich unmittelbar nebeneinander aufgeführt seien, die Beschaffenheitsvereinbarung vor, denn sonst laufe die zugesicherte Beschaffenheit ins Leere und sei aus Sicht des Käufers sinnlos.
Alter der Kaufsache rechtfertigt keine Ausnahme
An diesem Ergebnis ändert nach Auffassung des BGH auch das hohe Alter des Fahrzeugs und des betroffenen Bauteils Klimaanlage nichts. Alter und Verschleißanfälligkeit eines Bauteils könnten zwar für die Beurteilung der üblichen Beschaffenheit eines Gebrauchtwagens von Bedeutung sein, eine zugesicherte Beschaffenheit schließe eine Berücksichtigung von Alter und Verschleißanfälligkeit jedoch aus. Vielmehr gelte auch hier der Grundsatz, dass ein vertraglich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss die Haftung des Verkäufers einen Sachmangel unberührt lässt, der auf dem Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit beruht.
OLG muss erneut entscheiden
Da die Vorinstanz noch nicht alle Sachfragen ausreichend geklärt hatte, die für die Entscheidung unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes relevant sind, hat der BGH den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.
(BGH, Urteil v. 10.4.2024, VIII ZR 161/23)
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.943
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
2.041
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.654
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.5782
-
Diese Compliance-Regelungen gelten für Geschenke und Einladungen
1.381
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.380
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.340
-
Patronatserklärungen: Wirkung, Varianten und praktische Bedeutung
1.333
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.169
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.110
-
Katzenhalterin haftet für nicht von ihr veranlasste Notfallbehandlung
16.12.2024
-
Sparkasse muss Kontogebühren zurückzahlen
05.12.2024
-
Nachweis des E-Mail-Empfangs nur per Lesebestätigung
13.11.2024
-
Wohngebäudeversicherer verlangt in seinen AGB pauschal das Einhalten von Sicherheitsvorschriften
25.10.2024
-
Bundestag verabschiedet das IV. Bürokratieentlastungsgesetz
15.10.2024
-
Mehr Kompetenzen für Gerichtsvollzieher
09.10.2024
-
Muss die Hausratversicherung bei einem Wasserschaden die Hotelkosten zahlen?
07.10.2024
-
Ausschlussklauseln in Versicherungsbedingungen müssen verständlich sein
09.09.2024
-
Forderungsinkasso per SMS ist nicht per se unzulässig
03.09.2024
-
Unzulässiger Verweis in Werbebrief auf AGB im Internet
19.08.2024