Entscheidungsstichwort (Thema)
Wann muss über Hausbockbefall aufgeklärt werden?
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 14.10.2013; Aktenzeichen 15 O 113/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des LG Koblenz vom 14.10.2013 - 15 O 113/13, wie folgt abgeändert:
Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen arglistiger Täuschung in Zusammenhang mit dem Erwerb eines Wohnhausgrundstückes in Anspruch.
Mit notariellem Vertrag vom 2.12.2011 (Anlage K1, Bl. 32 ff. GA) kaufte der Kläger von der Beklagten ein Grundstück in ... [Z], auf dem sich ein Wohnhaus in Rundstammbauweise befindet, zum Preis von 198.000 EUR. Der Kaufvertrag enthält unter § 8 Nr. 1 einen Haftungsausschluss für Sachmängel, wobei arglistig verschwiegene Mängel ausgenommen sind. Am 1.3.2012 bezog der Kläger die streitgegenständliche Immobilie. Wenige Wochen nach dem Einzug bemerkte der Kläger Ungezieferbefall. Der hinzugezogene Sachverständige stellte mit (Privat-)Gutachten vom 31.7.2012 (Anlage K2, Bl. 46 ff. GA) eine große Anzahl von Ausfluglöchern des Hausbockkäfers an allen Außenseiten des Hauses, insbesondere auf der Südseite, fest. Im Inneren helle Ausfluglöcher stammten aus dem Jahr 2012, im Inneren dunkle Ausfluglöcher aus den Jahren 2011 und früher.
Für das Gutachten zahlte der Kläger entsprechend der Rechnung vom 2.8.2012 einen Betrag i.H.v. 577,15 EUR (Anlage K3, Bl. 54 GA). Für ein weiteres Privatgutachten, mit dem die zu erwartenden Sanierungskosten auf 15.000 EUR und die Wertminderung auf 32.000 EUR bestimmt wurden, wurden dem Kläger insgesamt 1.835,69 EUR brutto (1.542,60 EUR netto) in Rechnung gestellt (Anlage K6, Bl. 59 GA, Anlage K7, Bl. 60 GA).
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 7.12.2012 (Anlage K8, Bl. 61 ff. GA) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 20.12.2012 zur Zahlung von 47.000 EUR, Zahlung der Gutachterkosten i.H.v. brutto insgesamt 2.412,84 EUR sowie außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.015,38 EUR auf.
Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe den zum Zeitpunkt der Übergabe vorliegenden Befall mit Hausbockkäfern arglistig verschwiegen. Bei Vertragsschluss vorhandene Ausfluglöcher habe der Kläger ebenso wenig gesehen wie Holzmehlanhäufungen. Hingegen habe die Beklagte den Befall innerhalb der zehn Jahre, in denen sie das Haus - unstreitig - bewohnt habe, bemerken müssen. Zudem sei - insoweit von der Beklagten erstinstanzlich nicht bestritten - in dem Zeitraum, in dem die Beklagte Eigentümerin der Immobilie war, durch die Hauserbauerin, die Firma ... [A], eine Innenraumbehandlung mit Heißluft zur Schädlingsbekämpfung beauftragt worden. Der Hausbockbefall erfordere einen Sanierungsaufwand von 15.000 EUR, darüber hinaus sei eine Wertminderung i.H.v. 32.000 EUR eingetreten.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 49.119,75 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2012 zu zahlen; die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.015,38 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2012 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte weist den Vorwurf arglistiger Täuschung zurück. Der Kläger habe die alten Ausfluglöcher sehen müssen. Die festgestellten hellen Ausfluglöcher rührten mit Sicherheit aus einem Ereignis, das nach dem 2.12.2011 gelegen habe und zudem nicht auf ein Verhalten der Verkäuferseite zurückzuführen sei. Auch sei ein behandelter Altbefall für den Wert des Objekts irrelevant. Im Hinblick auf die im notariellen Kaufvertrag unter § 8 Nr. 1c) vereinbarte kurze Verjährung für zwischen Vertragsschluss und Übergabe entstandene Sachmängel erhebt sie vorsorglich die Einrede der Verjährung. Die Beklagte bestreitet die Höhe der veranschlagten Sanierungskosten und der Wertminderung, sie bestreitet, dass die Rechnungen K6 und K7 bezahlt seien.
Das LG hat die Klage mit Urt. v. 14.10.2013 - Az. 15 O 113/13 -, auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, abgewiesen. Da die Besichtigung durch den Sachverständigen am 19.7.2012 erfolgt sei, könne nicht festgestellt werden, dass der akute Befall und damit die Mangelhaftigkeit des Anwesens bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs am 1.3.2012 bestanden habe. In Bezug auf den Altbefall be-
schränke sich die Mangelhaftigkeit auf eine geringfügige optische Beeinträchtigung, eine Aufklärungspflicht habe insoweit nicht bestanden. Dies gelte umso mehr, als in der Zeit, zu der die Beklagte Eigentümerin war, Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung durchgeführt worden seien. Eine Aufklärungspflicht komme schließlich auch deswegen nicht in Betracht, weil der Kläger die Ausfluglöcher bei der gebotenen Sorgf...