BGH präzisiert Mangelbegriff beim Verkauf von Altbauwohnungen

Die vertraglich vorausgesetzte Verwendung beim Verkauf von Wohnungseigentum ist das Wohnen. Auch bei einer in Flussnähe gelegenen Altbauwohnung im Souterrain darf der Käufer einen trockenen, zum Wohnen geeigneten Zustand erwarten.

In einer aktuellen Entscheidung präzisiert der BGH den Mangelbegriff beim Kauf einer Altbauwohnung. Quintessenz: Eine Wohnung muss zum Wohnen geeignet, d.h. sie muss trocken sein, sonst ist sie mangelhaft. Dies gilt selbst dann, wenn die Gesamtumstände beim Kauf zu Zweifeln Anlass gegeben haben.

Altbauwohnungen mit einer feuchten Außenwand zum Kauf angeboten

Im entschiedenen Fall hatten die Käufer zweier in einem Altbau gelegenen Souterrainwohnungen die zum Kauf angebotenen Wohnungen mehrfach besichtigt. Nach dem Exposé des Maklers war das Gebäude im Jahr 1904 erbaut und im Jahr 1999 kernsaniert worden. Außerdem wurde auf Feuchtigkeitsschäden an einer Außenwand hingewiesen. Bei den Wohnungsbesichtigungen waren diverse Probebohrungen sichtbar, es war teilweise Putz entfernt, die Erde war bis unterhalb der Drainage freigelegt.

Kaufvertrag weist auf mögliche Feuchtigkeitsprobleme hin

Im notariellen Kaufvertrag war ein Hinweis auf die feuchte Außenwand enthalten und im Übrigen der für Immobilienkaufverträge übliche Haftungsausschluss für Sachmängel (gekauft wie besichtigt) vereinbart. Die Sanierung der feuchten Außenwand sollten die Käufer nach dem Kaufvertrag auf eigene Rechnung vornehmen. Diese Kosten waren nach der Formulierung des Kaufvertrags bei der Preisfindung bereits berücksichtigt. Außerdem hieß es, dass Probleme mit Feuchtigkeit auch in Zukunft nicht auszuschließen seien.

Sanierung aufwendiger als beim Kauf geplant

Die Sanierung der Außenwand sowie der an diversen anderen Stellen aufgetretenen Feuchtigkeit durch die Käufer war aufwendig und erforderte viel Zeit. Infolge des erheblichen Zeitaufwandes konnten die Käufer erst deutlich später als erwartet in die Souterrainwohnungen einziehen. Hierdurch entstanden ihnen unvorhergesehene Mietkosten für ihr bisherige Wohnung. Diese Mietkosten in Höhe von knapp 33.000 EUR verlangten sie vom Verkäufer ersetzt.

Schadensersatzklage von den Vorinstanzen abgewiesen

Erst- und zweitinstanzlich war die Klage der Käufer erfolglos. Die Instanzgerichte verneinten Schadensersatzansprüche aus §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 Satz 1, 280 Abs. 1 und 3 BGB mit der Begründung, die Käufer hätten sich vor Abschluss des Kaufvertrags ausführlich vom Zustand der Wohnungen überzeugt. Infolge der feuchten Außenwand, des Alters des Gebäudes und der unmittelbaren Rheinnähe hätten sie damit rechnen müssen, dass die Feuchtigkeitsschäden ein größeres Ausmaß haben könnten, als sie nach der Besichtigung erwartet hätten. Der Zustand der Wohnungen entspreche im Übrigen dem bei einem Altbau üblichen und erwartbaren Erhaltungszustand und stelle deshalb keinen Mangel dar.

Eine Wohnung muss zum Wohnen geeignet sein

Dies sah der BGH in der Revisionsinstanz anders. Nach der Entscheidung des BGH setzt der Käufer einer Wohnung beim Kauf grundsätzlich voraus, dass die Wohnung bewohnbar ist. Wenn dieser vertraglich vorausgesetzte Gebrauch durch Feuchtigkeitsschäden beeinträchtigt sei, so leide die Kaufsache unter einem Sachmangel. Dies gelte auch für Souterrainwohnungen in Altbauten, und zwar auch dann, wenn sie in unmittelbarer Nähe eines Flusses lägen.

In Kellerräumen kann Feuchtigkeit hinzunehmen sein

Der BGH räumte ein, dass nicht jede Feuchtigkeit – z. B. in Kellerräumen – zwingend als Sachmangel einzustufen sei. In diesen Fällen komme es auf die Umstände des Einzelfalls und den erkennbaren Gesamtzustand einer Immobilie an. (BGH, Urteil v. 7.11.2008, V ZR 138/07). Auch bei Altbauten sei aber für die zum Wohnen bestimmten Räume ein trockener Zustand vorauszusetzen, sonst seien diese Räume zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch, nämlich dem Wohnen, nicht geeignet (BGH, Urteil v. 9.2.2018, V ZR 274/16).

Haftungsausschluss gilt nicht bei Arglist

Ein vereinbarter Haftungsausschluss kann nach dem Urteil des BGH die Haftung der Verkäuferseite für Feuchtigkeitsschäden grundsätzlich ausschließen. Ein Haftungsausschluss komme gem. § 444 BGB aber nicht zum Zuge, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Ein solches arglistiges Verschweigen sei im vorliegenden Fall nicht auszuschließen. Diese Möglichkeit folge u.a. aus dem lediglich punktuellen Hinweis im Exposé auf eine feuchte Außenwand. Gerade ein solcher Hinweis könne beim Käufer den Eindruck erwecken, die Wohnung sei im übrigen trocken. Auch in einer solchen Bagatellisierung in Wirklichkeit größerer Feuchtigkeitsschäden könne eine arglistige Täuschung der Käufer liegen, zumal die Wohnungen im Exposé als im Jahr 1999 kernsaniert ausgewiesen worden seien.

OLG muss erneut entscheiden

Da die Vorinstanz auch zu verschiedenen anderen Aspekten einer möglichen Arglist keine Feststellungen getroffen hatte und entsprechenden Beweisangeboten der Kläger nicht nachgegangen war, hat der BGH die Sache an einen anderen Senat des OLG zurückverwiesen, der den Rechtsstreit erneut zu verhandeln und zu entscheiden hat.

(BGH, Urteil v. 21.6.2024, V ZR 79/23)

Weitere Beiträge, die Sie interessieren könnten:

BGH-Urteil zur 10-jährigen Verjährung der Bauträgervergütung

VG Minden: Eigentümer muss Schottergarten beseitigen

BGH: Grundstückskaufvertrag trotz Schwarzgeldabrede wirksam


Schlagworte zum Thema:  Immobilien, Recht, Bundesgerichtshof (BGH)