Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch des Insolvenzverwalters gegen den Kautionsversicherer auf Rückzahlung vorausbezahlter Avalprovisionen
Leitsatz (amtlich)
Bei Vereinbarung von "Avalprämien", die jeweils konkret für einzelne abgerufene Bürgschaften innerhalb des allgemeinen Gesamtlimits abgerechnet werden, bleibt der Prämienanspruch für die übernommenen Bürgschaften auch bei Erlöschen des Vertrags infolge Insolvenz des Versicherungsnehmers bestehen.
Normenkette
InsO §§ 115-116; BGB § 675
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 26.08.2008; Aktenzeichen 6 O 71/07) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Mainz vom 26.8.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, Insolvenzverwalter über das Vermögen der W. B.-AG (Schuldnerin), begehrt von der Beklagten die Rückzahlung von Avalprovisionen.
Die Beklagte gewährte der Schuldnerin, über deren Vermögen mit Beschluss des AG Augsburg am 1.4.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, im Rahmen eines Kautionsversicherungsvertrages vom 8.4.1994 (Anlage K 4) auf der Grundlage ihrer Allgemeinen Bedingungen über Kautionsversicherungen (Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Haftungserklärungen) (Bl. 35-40 d.A.) eine Avalkreditlinie von zunächst 50 Millionen DM, die schließlich, nachdem die Beklagte sich an einem Sicherheitenpoolvertrag mit weiteren Banken und Kreditversicherern beteiligt hat, 87.569.983 EUR betrug. Gemäß § 6 der Allgemeinen Bedingungen wurde die Prämie jeweils aus dem einzubuchenden Avalbetrag vom Einbuchungs- bis zum Ausbuchungstag des Avals berechnet, und zwar zuletzt i.H.v. 1,1 % der jeweiligen Bürgschaftssumme. Sie wurde für den Zeitraum von jeweils einem Jahr im Voraus abgerechnet. Bei vorzeitiger Rückgabe oder Reduzierung des Avals waren überzahlte Prämien zu vergüten.
Für übernommene Bürgschaften wurden vor Insolvenzeröffnung an die Beklagte Prämienzahlungen erbracht, von denen ein Betrag von 288.882,85 EUR auf die Zeit nach Insolvenzeröffnung entfiel.
Der Kläger begehrt die Rückzahlung dieses Betrages. Die Beklagte erklärt hilfsweise die Aufrechung mit Gegenforderungen
Der Kläger hat vorgetragen:
Die Verpflichtung der Beklagten zur Bereitstellung des Avalrahmens sei mit Erlöschen des Kautionsversicherungsvertrages, der als Geschäftsbesorgungsvertrag einzuordnen sei, entfallen. Die bereits gezahlten Prämien seien als Vergütung der Beklagten für deren Verpflichtung, einzelne Avale zur Verfügung zu stellen, vereinbart worden. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei diese Verpflichtung weggefallen, so dass die Beklagte im Voraus für die Zeit nach Insolvenzeröffnung gezahlte Prämien zurückzuerstatten habe. Die Schuldnerin habe für die gezahlten Prämien keine Gegenleistung mehr erhalten. Er ist der Auffassung, dass unter Anwendung der Rechtsprechung des BGH Prämienansprüche der Beklagten für die Zeit nach Insolvenzeröffnung sich nicht damit rechtfertigen lassen würden, dass die Beklagte als Bürgin nach Beendigung des Valutaverhältnisses dem Begünstigen ggü. weiter hafte und daher gezwungen sei, für diesen Fall Risikovorsorge zu betreiben. Der Versicherungsvertrag sei vielmehr von vorne herein auf Regress ggü. dem Versicherungsnehmer ausgelegt gewesen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 288.882,85 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2007 aus 263.017,21 EUR zu zahlen sowie sei 8.1.2008 aus weiteren 25.865,64 EUR.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Die ausgezahlten Prämien seien als Vergütung für die ausgereichten Bürgschaften berechnet worden und nicht zurückzuzahlen. Die vom Kläger erwähnten Entscheidungen des BGH seien vorliegend nicht einschlägig, denn dieser unterscheide nicht zwischen Avalprämie und Limitprämie. Eine Avalprämie sei nicht nur eine "verfeinerte Berechnungsweise" der Limitprämie. Im Gegensatz zur Limitprämie werde die Avalprämie nicht schon allein für die Einräumung der Avalberechtigung, sondern erst und nur für jeweils abgerufene, auf entsprechende Avalanträge hin tatsächlich herausgelegte Avale zu entrichten.
Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit einer angeblichen Regressforderung gegen die Insolvenzschuldnerin i.H.v. 520.000 EUR aufgrund der Inanspruchnahme einer Bürgschaft sowie mit angeblichen Prämienansprüchen i.H.v. 11.009,50 EUR zzgl. Mehrwertsteuer sowie aufgrund einer Zahlung i.H.v. 87.824,84 EUR gem. Schreiben vom 4.5.2005 erklärt.
Der Kläger hat b...