Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungsanspruch des im Gewaltschutzverfahren beigeordneten Verfahrenskostenhilfeanwalts bei Mitvergleich nicht rechtshängiger Ansprüche
Leitsatz (amtlich)
Der beigeordnete Rechtsanwalt kann, wenn Verfahrenskostenhilfe für einen Vergleich auch über nicht rechtshängige Ansprüche bewilligt wurde (hier: Vergleich über sonstige Familiensachen im Gewaltschutzverfahren), insofern nur die Festsetzung einer 1,5 Einigungsgebühr - nicht auch einer Verfahrensgebühr oder einer Terminsgebühr - verlangen.
Normenkette
RVG § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Aachen (Beschluss vom 16.01.2012; Aktenzeichen 220 F 134/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 16.1.2012 erlassenen Beschluss des AG -Familiengericht- Aachen (220 F 134/10) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen die durch die Rechtspflegerin beim AG Aachen vorgenommene Kürzung der Vergütung seines mit der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten.
Zwischen den Beteiligten des zugrunde liegenden Verfahrens bestand eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Die Antragstellerin begehrte von dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung eine Unterlassungsanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz. In der Sitzung des AG Aachen vom 6.7.2010 schlossen die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts eine Vereinbarung über den Verfahrensgegenstand sowie über die (nicht anhängigen) Kreditverbindlichkeiten betreffend einen Ford L., welchen der Antragsgegner während der Zeit des Zusammenlebens der Parteien gekauft hat und welcher nunmehr durch die Antragstellerin genutzt wird. Vor Vergleichsabschluss bewilligte das AG "beiden Parteien ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten auch für den in Aussicht genommenen Vergleich". Am 7.7.2010 fügte die zuständige Abteilungsrichterin dem Sitzungsprotokoll einen handschriftlichen Vermerk mit dem Inhalt: "VKH auch für Mehrvergleich!" hinzu. Den Gegenstandswert für das Verfahren setzte das Gericht auf 1.500 EUR, den Gegenstandswert für den Vergleich einschließlich Mehrvergleich auf 4.500 EUR fest.
Auf den Vergütungsantrag des Antragsgegnervertreters vom 6.7.2010 hat das AG Aachen durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 1.041,37 EUR festgesetzt. Der Festsetzung lag folgende Kostenaufstellung zugrunde:
Gegenstandswert: |
1.500 EUR |
1,3 Verfahrensgebühr 3100 |
136,50 EUR |
1,0 Einigungsgebühr 1003 |
105 EUR |
Gegenstandswert: |
3.000 EUR |
0,8 Verfahrensdifferenzgebühr 3101 |
139,10 EUR |
1,5 Einigungsgebühr 1000 |
213 EUR |
Gegenstandswert: |
4.500 EUR |
1,2 Terminsgebühr 3104 |
254,40 EUR |
Entgeltpauschale |
20 EUR |
Fahrtkosten |
2,10 EUR |
Abwesenheitsgeld |
5 EUR |
Umsatzsteuer |
166,27 EUR |
Summe |
1.041,37 EUR |
Auf die Erinnerung der Staatskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor des LG Aachen, hat die Rechtspflegerin des AG Aachen durch Beschluss vom 16.1.2012 die zu gewährende Vergütung um 318,32 gekürzt und auf 714,60 EUR festgesetzt. Hierbei ging sie von folgender Berechnung aus:
Gegenstandswert: |
1.500 EUR |
1,3 Verfahrensgebühr 3100 |
136,50 EUR |
1,2 Terminsgebühr 3104 |
126 EUR |
Gegenstandswert: |
4.500 EUR |
1,5 Einigungsgebühr 1000 |
318 EUR |
Entgeltpauschale |
20 EUR |
Fahrtkosten |
2,10 EUR |
Abwesenheitsgeld |
5 EUR |
Umsatzsteuer |
115,44 EUR |
Summe |
723,04 EUR |
Die Rechtspflegerin des AG Aachen schloss sich der Rechtsauffassung des Bezirksrevisors des LG Aachen an, wonach der beigeordnete Rechtsanwalt für einen Vergleich über nicht rechtshängige Ansprüche die Festsetzung einer 1,5-fachen Einigungsgebühr nach VV Nr. 1000 RVG verlangen kann, nicht jedoch eine Verfahrensdifferenzgebühr oder eine Terminsgebühr nach dem Mehrwert des Vergleichs.
I. Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 EUR.
In der Sache ist die Beschwerde jedoch nicht begründet.
1. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da der Vergütungsanspruch des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gegen die Staatskasse die geltend gemachte Verfahrensdifferenzgebühr und die um den Mehrwert des Vergleichs erhöhte Terminsgebühr nicht umfasst.
Der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts richtet sich gem. § 48 Abs. 1 RVG nach den Beschlüssen durch welche Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde und die Beiordnung des Rechtsanwalts erfolgte. Das AG bewilligte "beiden Parteien ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten auch für den in Aussicht genommenen Vergleich" und stellte in der Folge klar, dass "VKH auch für den Mehrvergleich" gewährt wurde.
Schon der Wortlaut der Formulierung der Amtsrichterin ("für den in Aussicht genommenen Vergleich") legt nahe, dass die vorausgegangenen Verhandlungen und Erörterungen im Termin von der Bewilligung nicht erfasst werden sollten.
Die Beiordnung "für den Vergleich" oder "für die Vereinbarung" hat - sofern nicht der Sonderfall des Scheidungsverbundverfa...