Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anspruch des Erwerbers einer Immobilie auf Zahlung von Mietkautionen gegen den Veräußerer, wenn diese entsprechend der Vereinbarung mit den Mietern mit dem Inhaber eines Nießbrauchsrechts an der Immobilie gezahlt worden sein sollen
Leitsatz (amtlich)
§ 566a BGB stellt im Falle der Barkaution eine Anspruchsgrundlage des Erwerbers gegen den Veräußerer dar. Der Anspruch ist dann auf "Herausgabe" bzw. "Auszahlung" des Kautionsbetrages gerichtet
Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen - nach Auffassung des Senats im Übrigen im Ergebnis zu verneinenden - Frage, ob dieser Auszahlungsanspruch gegen den Beklagten besteht, auch wenn die Kautionen zunächst an den Vater des Beklagten geflossen und bei diesem verblieben sein sollten, ist zu beachten, dass die Klägerin geltend gemacht hat, sie habe die Kaution einigen Mietern aus eigenen Mitteln zurückzahlen müsse. Dies ist aber ein anderer Anspruchsgrund, nämlich ein solcher aus Bereicherungsrecht und dieser beruht auf einem anderen Lebenssachverhalt, ohne dass die Klägerin hier im Einzelnen differenzieren würde. Die Klägerin hat zu den Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nicht substantiiert vorgetragen.
Der Beklagte kann aber auch deshalb nicht aus § 566a BGB auf "Auszahlung" der vollständigen Kautionsbeträge in Anspruch genommen werden, weil er wirtschaftlich nicht über sie verfügen konnte.
Der Veräußerer muss nach § 566a BGB nur das an den Erwerber herausgeben, was er in seinem Vermögen hat bzw. - bei unberechtigter Verwertung der Kaution - haben müsste. Wenn der Voreigentümer die Kaution nicht an den Veräußerer weitergegeben hat, fehlt es an einem entsprechenden Vermögenswert im Vermögen des Veräußerers.
Ein Zahlungsanspruch folgt auch nicht aus der im Kaufvertrag vereinbarten Klausel "Die bestehenden Mietverhältnisse sind bekannt und werden übernommen". Die Vertragsklausel ist nicht im Sinne einer umfassenden Haftungsregelung zu verstehen, also dahin, dass der Beklagte als Veräußerer für sämtliche, vor Veräußerung begründeten mietvertraglichen Ansprüche, also auch Kautionsrückzahlungsansprüche, einstehen will.
Der Beklagte muss sich auch nicht in entsprechender Anwendung des § 566 BGB als Vermieter behandeln lassen.
Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Vertrag bewusst unklar gefasst wurde oder der Beklagte, vertreten durch seinen Vater, über seine Vermieterstellung getäuscht hätte, auch wenn der Schenkungsvertrag und die darin enthaltende Nießbrauchsregelung nicht bekannt gemacht wurden.
Soweit angesichts des dem Vater des Beklagten eingeräumten Nießbrauchs und der Tatsache, dass dieser sich in alleiniger Verantwortung um die Mietverträge kümmerte und Besitzer der Kautionen war, der Vertrag eine Lücke enthält, kann diese nicht dahin geschlossen werden, dass der Beklagte selbst auf Auszahlung der Kautionsguthaben haftet.
Normenkette
BGB §§ 566, 566a
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 07.05.2012; Aktenzeichen 10 O 341/11) |
Tenor
1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 7.5.2012 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Bonn - 10 O 341/11 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).
Das LG hat mit zutreffenden Gründen einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Auszahlung der in den zehn streitgegenständlichen Mietverhältnissen vereinbarten Kautionen im Gesamtwert von 8.442 nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2009 verneint.
1. Soweit die Klägerin sich für einen solchen Anspruch auf § 566a BGB stützt, scheitert ein solcher Anspruch aus mehreren Gründen:
a) Zwar kann § 566a BGB, auch wenn dies im Wortlaut nicht zum Ausdruck kommt, im Falle der Barkaution eine Anspruchsgrundlage des Erwerbers gegen den Veräußerer darstellen. Der Anspruch gem. § 566a BGB ist dann auf "Herausgabe" bzw. "Auszahlung" des Kautionsbetrages gerichtet (Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 566a BGB Rz. 14 und 19; Emmerich in Staudinger, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2011, Rz. 10; Palandt/Weidenkaff, 71. Aufl. 2012, § 566a Rz. 4). Die Klägerin behauptet unter Hinweis auf die als Anlage zum Schriftsatz vom 5.3.2011 vorgelegten Mietvert...