Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Entfernung einer Parabolantenne, obwohl der ausländische Mieter einer Eigentumswohnung sie zum Empfang von Sendern aus seinem Heimatland benötigt
Leitsatz (amtlich)
Hat die Gemeinschaft unangefochten mit Mehrheit beschlossen, dass nichtgenehmigt angebrachte Parabolantennen zu beseitigen seien, so kann sich ein Eigentümer später nicht darauf berufen, der ausländische Mieter seiner Wohnung benötige die Antennenanlage zum Empfang von Sendern aus seinem Heimatland. Im Unterlassen der Anfechtung des Beseitigungsbeschlusses liegt der Verzicht auf den ansonsten gegebenen Anspruch auf Duldung der Satellitenanlage. Dass der Vermieter sich durch einen solchen Verzicht seinen Mietern ggü. u.U. schadensersatzpflichtig macht, beeinträchtigt die Ansprüche der übrigen Eigentümer ihm ggü. nicht.
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 15.09.2004; Aktenzeichen 29 T 40/03) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragssteller vom 7.10.2004 wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 15.9.2004 - 29 T 40/03 - abgeändert:
Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die auf dem Balkon der Wohnung Nr. 33 der Wohnungseigentumsanlage D.-Straße 23-35/C.-Weg 3-7, L., installierte Parabolantenne zu beseitigen.
Die Gerichtskosten aller Instanzen hat der Antragsgegner zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Antragsgegner hat seine Wohnung an ein Ehepaar vermietet. Der mietende Ehemann ist Bürger des Kosovo albanischer Volkszugehörigkeit. Mindestens seit 2002 haben die Mieter auf dem Balkon der von ihnen gemieteten Wohnung eine Parabolantenne deutlich sichtbar installiert. Die Antenne ist derzeit nicht fest mit dem Gemeinschafts- oder Sondereigentum verbunden, sondern auf einem Gestell, wie es auf den Fotografien in der Hülle Bl. 51 d.A. ersichtlich ist, befestigt. Die Parteien streiten um die Beseitigung dieser Antenne. Streitig ist insb. unter den Beteiligten, ob der Mieter albanischer Volkszugehörigkeit die Satellitenempfangsanlage nur zum Empfang weiterer nichtalbanischer Musiksender nutzt oder ob er auch albanischsprachige Sendungen aus dem Kosovo zur Information über seine Heimat empfängt. Derartige Sendungen können über die derzeitige Gemeinschaftsempfangsanlage nicht empfangen werden.
Auf einer Eigentümerversammlung am 24.2.1994 war unter TOP 5 folgender Beschluss gefasst worden:
"Mehrheitlich beschloss die Versammlung, dass es den Teilgemeinschaften, so wie sie an einer Antenne z.Z. angeschlossen sind, gestattet ist, durch interne Regelung und Ausführung sowie Unterhaltung auf eigene Kosten und Risiken Satellitenempfangsanlagen zu installieren.
Gleichzeitig wurde der Verwalter beauftragt, ohne Genehmigung installierte Satellitenempfangsanlagen ggf. im eigenen Namen auf dem Rechtsweg beseitigen zu lassen."
Dieser Beschluss wurde in der Folgezeit nicht angefochten.
Amts- und LG haben den Antrag der Antragsteller, dem Antragsgegner die Entfernung der Satellitenempfangsanlage vom Balkon der Wohnung Nr. 33 aufzugeben, zurückgewiesen.
Die weitere sofortige Beschwerde hiergegen ist zulässig und begründet.
Den Antragstellern steht gegen den Antragsgegner ein Anspruch aus §§ 1004 BGB, 15 WEG auf Beseitigung der Satellitenempfangsanlage auf dem Balkon der Wohnung Nr. 33 zu. Die Installation dieser Anlage stellt eine erhebliche bauliche Veränderung dar, da sie das äußere Bild des Hauses erkennbar beeinträchtigt, wie die Abbildungen Bl. 6 d.A. und in der Hülle Bl. 51 d.A. zeigen. Eine solche Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses müssen die übrigen Wohnungseigentümer nicht hinnehmen (OLG Köln, Beschl. v. 31.8.2004 - 16 Wx 166/04, OLGReport Köln 2004, 423). Dass die Anlage nicht fest am Balkon selbst installiert ist, steht der Annahme einer baulichen Veränderung nicht entgegen (OLG Köln OLGReport Köln 1999, 325; Schuschke, OLGReport 2000, Heft 6 K 10). Die übrigen Wohnungseigentümer müssen diese bauliche Veränderung auch nicht mit Rücksicht auf das grundgesetzlich gesicherte Recht des Mieters des Antragsgegners auf Wahrung seiner kulturellen Identität als Kosovoalbaner, das der Antragsgegner als Vermieter gewährleisten muss, dulden. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass der Mieter des Antragsgegners die Anlage benötigt, um Sender in albanischer Sprache mit detaillierteren Berichten aus dem Kosovo zu empfangen. Das Recht auf Wahrung der kulturellen Identität und auf Sicherung der Informationsfreiheit gilt nicht schrankenlos. Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich beschlossen, dass eigenmächtig angebrachte Satellitenempfangsgeräte zu entfernen seien, wenn die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 WEG im Übrigen vorliegen, so muss der Eigentümer, der hierin einen Verstoß gegen eigene Grundrechte oder solche seiner Mieter sieht, den Beschluss anfechten. Tut er dies nicht, so verzichtet...