Entscheidungsstichwort (Thema)

Entpflichtung eines Sachverständigen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung des Gerichts, mit welchem die Anregung bzw. der "Antrag" einer Partei auf "Entpflichtung" eines Sachverständigen (negativ) beschieden wird, kann nicht nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen mit der (sofortigen) Beschwerde nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO angegriffen werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 411-412, 567 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Brühl (Beschluss vom 29.11.2007; Aktenzeichen 33 F 97/07)

 

Tenor

Die als sofortige Beschwerde zu wertende Beschwerde der Antragsgegnerin vom 10.12.2007 (Blatt 80 GA) gegen den Beschluss des AG - FamG - Brühl vom 29.11.2007 - 33 F 97/07, durch welchen der Antrag der Antragsgegnerin auf Entpflichtung der Sachverständigen V T zurückgewiesen worden ist, wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurück gewiesen.

 

Gründe

Die fristgerecht eingelegte als sofortige Beschwerde zu behandelnde "Beschwerde" der Antragsgegnerin ist unzulässig.

Ein Rechtsmittel gegen die angegriffene Entscheidung des FamG ist nämlich nicht gegeben. Das Verfahrensrecht sieht eine "Entpflichtung" eines Sachverständigen auf Antrag einer Partei nicht vor.

Eine Entscheidung des Gerichts, mit welchem die Anregung bzw. der "Antrag" einer Partei auf "Entpflichtung" eines Sachverständigen beschieden wird, kann nicht nachallgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen mit der (sofortigen) Beschwerde angegriffen werden. In Betracht käme allein eine Anfechtung nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Danach findet die sofortige Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der AG und LG statt, wenn es sich um eine solche Entscheidung handelt, die eine mündliche Verhandlung nicht erfordert und durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es fehlt an einem Verfahrensgesuch i.S.d. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Denn vorliegend wehrt sich die Antragsgegnerin lediglich gegen eine auch amtswegig vorzunehmende Tätigkeit des FamG. Sie greift eine in das freie Ermessen des FamG gestellte Entscheidung an, welche dieses im Rahmen der von Amts wegen vorzunehmenden Beweiserhebung getroffen hat. Dabei ist es unerheblich, dass der angegriffene zurückweisende Beschluss des FamG durch einen Antrag der Antragsgegnerin veranlasst worden ist. Dadurch erlangt der Beschluss des FamG nicht den Charakter einer ein "Verfahrensgesuch bescheidenden Entscheidung" (vgl. hierzu Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl. 2007, Rz. 31 ff.). Denn ausschlaggebend bleibt der prozessleitende Charakter des getroffenen Beschlusses.

Um eine solche in das freie Ermessen des Gerichts gestellte Maßnahme handelt es sich vorliegend. Denn gem. § 412 Abs. 1 kann das Gericht eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. Dies hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ohne dass es des Antrags einer Partei bedarf. Die Würdigung des Sachverständigengutachtens steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Zöller, a.a.O., § 286 Rz. 13, § 402 Rz. 7a). Reicht das Gutachten zur Überzeugung des Gerichts (nicht notwendig auch der Parteien) nicht aus, ist nach § 411 Abs. 3 zu verfahren. Erst wenn eine mündliche Erläuterung erfolglos blieb oder nicht erfolgversprechend ist, kommt unabhängig von Anträgen der Parteien die Einholung eines weiteren Gutachtens oder eines sog. Obergutachtens in Betracht, wenn entweder das erste Gutachten mangelhaft (unvollständig, widersprüchlich, nicht überzeugend) ist bzw. von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, der Sachverständige erkennbar oder erklärtermaßen nicht die notwendige Sachkunde hat, sog. Anschlusstatsachen sich durch neuen Sachvortrag ändern oder ein anderer Sachverständiger über überlegenere Forschungsmittel oder eine größere Erfahrung verfügt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Gericht gem. § 286 ZPO ohne Bindung an Anträge jedoch unter Berücksichtigung substantiierter Einwendungen der Parteien selbständig zu prüfen (vgl. Zöller, a.a.O., § 412 Rz. 2, 3).

Die gegen den Antrag (Anregung) einer Partei getroffene Entscheidung des Gerichts zur Entpflichtung eines Sachverständigen mangels Sachkunde - wie vorliegend - kann somit nicht selbständig sondern nur im Rahmen der allgemein gegebenen Rechtsmittel - vorliegend der befristeten Beschwerde nach § 621e ZPO - im Zusammenhang mit der Hauptsacheentscheidung angriffen werden.

Dies folgt auch aus einem Umkehrschluss, wonach Entscheidungen nach § 412 Abs. 2 ZPO - Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit - beschwerdefähig nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO sind. Nach allgemeiner Auffassung muss nämlich das Gericht die Begutachtung einer entscheidungserheblichen Tatsache durch einen anderen Sachverständigen dann anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt worden ist (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 412 Rz. 4).

Mit der Beschwerde werden aber keine Gründe vorgebracht, die auf eine Ablehnung der Sachverständige...

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