Leitsatz (amtlich)
›Soll der Sachverständige in einem Ergänzungsgutachten zu einem sein Hauptgutachten heftig kritisierenden Schriftsatz einer Partei Stellung nehmen und bezeichnet er einzelne kritische Äußerungen in diesem Schriftsatz bei einer Besprechung mit den Parteien als "rüpelhaft" oder "flegelhaft", so begründet er das berechtigte Misstrauen der betroffenen Partei, dass er ihren Schriftsatz nicht mehr unvoreingenommen in seine erneute Begutachtung einbezieht.‹
Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 31.05.2001; Aktenzeichen 3 O 211/99) |
Gründe
Die Beschwerde des Beklagten ist zulässig (§ 406 Abs. 5 ZPO). Sie ist insbesondere fristgerecht eingereicht worden. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 08.06.2001 zugestellt worden. Die Beschwerde ist bei Gericht am 21.06.2001 eingegangen.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
In einem Schriftsatz an das Gericht hatte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ein erstes Sachverständigengutachten des Sachverständigen B. in der vorliegenden Sache als "außerordentlich oberflächlich und lapidar" bezeichnet. Zudem hatte er die Annahme geäußert, "dass es sich um ein mit schneller Hand geschriebenes Gutachten handelt".
Durch Beschluss vom 24.08.2000 hatte dann das Gericht selbst dem Sachverständigen ein Ergänzungsgutachten aufgegeben. Anlässlich des zur Erstellung dieses Ergänzungsgutachtens erforderlichen Ortstermins am 28.03.2001 rügte dann der Sachverständige gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten dessen "rüpelhaftes Verhalten", wie der Prozessbevollmächtigte des Beklagten behauptet oder bezeichnete Teile des vorgenannten Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten des Beklagten als "flegelhaft", wie der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 15.05.2001 selbst einräumt.
Der Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 02.04.2001 den Sachverständigen wegen dieser Äußerung wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht diesen Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Diese Entscheidung beruht auf einer fehlerhaften Anwendung der §§ 406, 42 ZPO. Befangenheit eines Sachverständigen ist anzunehmen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen bei seiner Begutachtung zu rechtfertigen. Vorliegend war dem Sachverständigen im Beschluss vom 24.08.2000 aufgegeben worden, gerade zu den Einwendungen des Beklagten im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 21.07.2000 in einem Ergänzungsgutachten Stellung zunehmen. Wenn der Sachverständigen nun diesen Schriftsatz vor Beginn des Ortstermins, der das Ergänzungsgutachten vorbereiten sollte, als "flegelhaft" bezeichnet, wie er selbst einräumt, erweckt er jedenfalls nach außen hin den Eindruck, dass er sich durch diesen Schriftsatz betroffen fühlt und legt damit nahe, dass er sich gegen die ihn betroffen machenden Einwendungen verteidigen wolle, nicht aber, dass er ohne Ansehen der Person sachverständige gutachtliche Feststellungen treffen wolle. Der Beklagte musste deshalb befürchten, dass das Ergänzungsgutachten aus dieser Verteidigungshaltung gegen ein "als flegelhaft" empfundenes Verhalten abgefasst werde. Eine solche Befürchtung rechtfertigt aber das Misstrauen, gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen. Denn seine Begutachtung sollte sich ja gerade mit dem Schriftsatz befassen, den er als "flegelhaft" empfand.
Das Ablehnungsgesuch des Beklagten musste deshalb für begründet erklärt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 2962545 |
MDR 2002, 53 |
OLGR Köln 2001, 352 |
GuG 2004, 59 |