Leitsatz (amtlich)
1. Liegt nach den Angaben des bürgenden Ehegatten zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen in einer der Bank erteilten Selbstauskunft keine wirtschaftliche Überforderung vor, kann die Sittenwidrigkeit der Bürgschaftsübernahme nicht damit begründet werden, dass sich der Wert des Grundvermögens des Bürgen nachträglich als niedriger herausgestellt hat oder die Wertentwicklung einen nicht vorhersehbaren Verlauf genommen hat.
2. Es begründet grundsätzlich keine Sittenwidrigkeit der Bürgschaft des nahen Angehörigen, dass die Bank die Bürgschaft erst nach Auszahlung des Kredits an den Hauptschuldner gefordert hat (Abgrenzung zu BGH v. 2.11.1995 – IX ZR 22/94, MDR 1996, 568 = NJW 1996, 513).
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, § 765
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 2 O 231/01) |
Tenor
Der Antrag der Beklagten zu 1) vom 22.4.2002, ihr zur Durchführung der Berufung gegen das Urteil des LG Köln vom 14.3.2002 – 2 O 231/01 – Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das LG hat die Beklagte zu 1) mit Schlussurteil vom 14.3.2002, auf das hinsichtlich der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, unter Klageabweisung i.Ü. wie eine Gesamtschuldnerin mit dem durch Teilanerkenntnisurteil vom 26.7.2001 verurteilten und aus den notariellen Urkunden Urk.-Nr./1996 Notar Dr. N. in H. vom 18.12.1996 und Urk.-Nr./1998 Notar Dr. N. in H. vom 22.1.1998 verpflichteten Beklagten zu 2) zur Zahlung von 389.331,89 Euro (= 761.467 DM) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz seit dem 23.8.2000 verurteilt. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass der Klägerin ein entspr. Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu 1) aus der am 28.10.1999 übernommenen Bürgschaftsverpflichtung gem. den §§ 607 Abs. 1, 765, 767 BGB zustehe. Zwar verstoße eine formularmäßige Ausdehnung der Bürgschaft auf alle bestehenden, künftigen und bedingten Verbindlichkeiten aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung der D. GmbH & Co. KG mit der Klägerin gegen die §§ 3, 9 AGBG. Rechtsfolge dieses Verstoßes sei jedoch nicht die Unwirksamkeit der Bürgschaft, sondern nur deren Beschränkung auf die Verbindlichkeiten, die Anlass der Verpflichtung gewesen seien. Anlass der Bürgschaftsverpflichtung sei im vorliegenden Fall die Erhöhung des Kreditrahmens der D. GmbH & Co. KG auf 800.000 DM gewesen. Da seinerzeit Kreditverbindlichkeiten i.H.v. 799.128,51 DM bestanden hätten, sei die Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten zu 1) in dieser Höhe wirksam zustande gekommen. Dass die gewährten Kredite im Zeitpunkt der Erhöhung des Kreditrahmens bereits ausgezahlt gewesen seien, stehe dem nicht entgegen. Auch sei die Bürgschaft nicht wegen sittenwidriger finanzieller Überforderung gem. § Abs. 1 BGB unwirksam, da die Beklagte zu 1) bereits den objektiven Tatbestand einer krassen finanziellen Überforderung nicht hinreichend dargelegt habe. Ausweislich der von ihr im September 1999 ggü. der Klägerin abgegebenen Selbstauskunft habe die Beklagte zu 1) im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Bürgschaftserklärung über Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 81.977,30 DM und Vermögen in Form von Haus- und Grundbesitz verfügt, das selbst bei Zugrundelegung der von der Beklagten zu 1) berichtigten handschriftlichen Zahlen unter Berücksichtigung der vorhandenen Grundstücksbelastungen einen Wert von 1.227.000 DM gehabt habe. Die insoweit von der Beklagten zu 1) aufgestellte Behauptung, diese Angaben seien unrichtig, da die Klägerin sie über den Wert des Grundstücks Z.-Straße getäuscht habe, sei unsubstantiiert. Unabhängig vom Fehlen einer krassen finanziellen Überforderung im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft fehle es auch am Vorliegen weiterer besonderer Umstände, aus denen sich eine Sittenwidrigkeit ergeben könnte. Diese seien von der Beklagten zu 1) nicht dargelegt worden. Auch sei keine Übersicherung der Klägerin gegeben gewesen. Da die durch die Bürgschaft gesicherten Kredite im Zeitpunkt der Kündigung der Geschäftsbeziehung zur D. GmbH & Co. KG nur noch i.H.v. 786.581,24 DM valutiert hätten, hafte die Beklagte zu 1) unter Hinzurechnung der Vertragszinsen für den Zeitraum vom 1.4.–31.7.2000 von 2.210,97 DM bzw. 3.716,67 DM aus der von ihr übernommenen Bürgschaft für einen Gesamtbetrag von 792.508,88 DM. Hiervon seien die seitens des Insolvenzverwalters unstreitig gezahlten Beträge i.H.v. 5.059,68 DM, 6.014,96 DM und 19.967,24 DM abzuziehen, so dass eine Restforderung von 761.467 DM verbleibe. Weitere Abzüge habe die Beklagte zu 1) nicht schlüssig vorgetragen.
Nach Urteilszustellung am 20.3.2002 hat die Beklagte zu 1) mit einem am 22.4.2002 (Montag) bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag beantragt, ihr für eine durchzuführende Berufung mit dem Antrag, unter Aufhebung des Urteils des LG Köln vom 20.3.2002 – 2 O 231/01 – die Klage abzuweisen, Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Sie ist der Ansicht, das Urteil beruhe sowohl auf Rechtsanwendungs- als auch auf V...