Leitsatz (amtlich)

1. Die Rücknahme der Ausschreibung einer Notarstelle ist jedenfalls dann kein Verwaltungsakt, der nach § 111 BNotO isoliert angefochten werden kann, wenn die Landesjustizverwaltung an der grundsätzlichen Entscheidung festhält, die Stelle zu besetzen. Auch ein allein gegen die Rücknahme der Ausschreibung einer Notarstelle gerichteter Leistungsantrag ist grundsätzlich unzulässig.

2. Die Landesjustizverwaltung kann aufgrund ihrer Organisationsgewalt das Auswahlverfahren zur Besetzung einer Notarstelle abbrechen und die Ausschreibung zurücknehmen, nachdem aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 20.4.2004 (DNotZ 2004, 560) feststeht, dass die Anwendung und Auslegung der Auswahlmaßstäbe des § 6 Abs. 3 BNotO in den nordrhein-westfälischen Ausführungsbestimmungen i.d.F. vom 8.3.2002 (AVNot NW) nicht die verfassungsrechtlich gebotene chancengleiche Bestenauslese bei der Notarbestellung gewährleisten. Auswahlverfahren, die auf diesen Ausführungsbestimmungen beruhen, leiden an erheblichen Mängeln, die den Abbruch der Auswahlverfahren aus sachlichem Grund rechtfertigen.

 

Normenkette

GG Art. 12, 33 Abs. 2; BNotO § 6 Abs. 3, §§ 6b, 111

 

Tenor

Die Anträge auf gerichtliche Entscheidung werden zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtlichen Verfahrens.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Antragsteller bewarb sich auf die im Justizministerialblatt Nordrhein-Westfalen (JMBl. NRW) vom 1.6.2003 für den AGbezirk Beckum ausgeschriebene Notarstelle. Mit Schreiben vom 14.11.2003 teilte der Antragsgegner zu 2) dem weiteren Beteiligten mit, dass beabsichtigt sei, die ausgeschriebene Notarstelle mit einem nach Maßgabe des § 17 der AVNot NW vom 8.3.2002 (JMBl. NRW 2002, 69) besser qualifizierten Mitbewerber, hier dem Antragsteller, zu besetzen. In Hinblick auf den von dem weiteren Beteiligten daraufhin bei dem Senat gestellten Antrag gem. § 111 Abs. 1 BNotO (2 VA (Not) 29/03) wurde die ausgeschriebene Notarstelle zunächst nicht besetzt.

Nachdem das BVerfG mit Beschl. v. 20.4.2004 (BVerfG v. 20.4.2004 - 1 BvR 838/01, 1 BvR 1303/01, 1 BvR 340/02, 1 BvR 1436/01, 1 BvR 1450/01, DNotZ 2004, 560 ff.) festgestellt hatte, dass die Anwendung und Auslegung der Auswahlmaßstäbe des § 6 Abs. 3 BNotO in den Verwaltungsvorschriften u.a. des Landes Nordrhein-Westfalen den verfassungsrechtlichen Erfordernissen nicht genügten, nahm der Antragsgegner zu 1) am 15.8.2004 die Ausschreibung der noch nicht besetzten Notarstelle für den AGbezirk Beckum in Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 20.4.2004 zurück, um eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Auswahlentscheidung zu ermöglichen. Der Antragsgegner zu 2) brach das zur Besetzung der am 1.6.2003 ausgeschriebenen Stelle eingeleitete Auswahlverfahren ab und teilte dies den Beteiligten, dem Antragsteller mit Schreiben vom 3.9.2004, mit. Mit Wirkung zum 15.11.2004 ist u.a. die Vorschrift des § 17 der AVNot NW geändert worden (JMBl. NRW 2004, 256 ff.).

Mit bei Gericht am selben Tag eingegangenem Schriftsatz vom 14.9.2004 hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 111 Abs. 1 BNotO gestellt, der die Aufhebung der Rücknahme der Stellenausschreibung und den Fortgang des Besetzungsverfahrens betreffend die ehemals ausgeschriebene Notarstelle im AGbezirk Beckum zum Ziel hat.

Der Antragsteller ist der Auffassung, sein Antrag sei zulässig, auch soweit er gegen die Rücknahme der Stellenausschreibung gerichtet sei. Die Vorschrift des § 44a VwGO sei vorliegend nicht anwendbar, da § 111 BNotO als lex specialis vorgehe. Auch materiellrechtlich sei § 44a VwGO nicht einschlägig, da der Rücknahme der Notarstellenausschreibung eine eigenständige regelnde Bedeutung zukomme. Sie sei daher gesondert gem. § 111 BNotO angreifbar. Die Rücknahme der Stellenausschreibung verletze ihn in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1, 33 GG. Sie sei ohne sachlichen Grund erfolgt. Die Entscheidung des BVerfG vom 20.4.2004 hindere die Antragsgegner nicht daran, eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Auswahlentscheidung zu treffen, was speziell für die ausgeschriebene Notarstelle in Beckum gelte. Vor diesem Hintergrund stelle die Rücknahme der Ausschreibung eine willkürliche Handlung dar. Die notwendige und individuelle Abwägung der öffentlichen Interessen an einer bestmöglichen Stellenbesetzung mit den Grundrechten der verbliebenen Bewerber auf Berufsausübungsfreiheit sei nicht erfolgt. Außerdem fehle es an einer vollständigen Grundlage für die zu treffende Ermessensentscheidung, wenn der Antragsteller zu 1) davon ausgehe, dass keine Möglichkeit gesehen werde, den geänderten materiellen Auswahlkriterien nach der Entscheidung des BVerfG im laufenden Besetzungsverfahren Rechnung zu tragen. Vielmehr sei eine verfassungskonforme Stellenbesetzung nur gewährleistet, wenn in Fortsetzung des ursprünglichen Besetzungsverfahrens allein über seine Bewerbung und die des Weiteren Beteili...

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