Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert der Berufung gegen Ungültigerklärung eines sog. Negativbeschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Streitwert der Berufung eines einzelnen Wohnungseigentümers gegen ein der Beschlussanfechtungsklage stattgebendes Urteil richtet sich nach dem Interesse aller beklagten Wohnungseigentümer am Fortbestand des Beschlusses, begrenzt durch den Streitwert der Klage.

2. Für die isolierte Klage auf Anfechtung eines Negativbeschlusses ist in der Regel ein Abschlag von 50 % von dem Wert einer Klage auf Durchführung der abgelehnten Maßnahme vorzunehmen.

 

Normenkette

GKG §§ 47, 49a

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 23.02.2010; Aktenzeichen 29 S 176/09)

AG Siegburg (Aktenzeichen 150 C 168/08)

 

Tenor

Die Streitwertbeschwerde der Klägerin wird als unzulässig verworfen.

Auf die im eigenen Namen erhobene Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 23.2.2010 - 29 S 176/09 - abgeändert und der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 12.500 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Streitwertbeschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist Eigentümerin einer Penthouse-Wohnung mit einem Miteigentumsanteil von 39,61/1000. Mit ihrer Anfechtungsklage hat sie sich gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung vom 12.11.2008 gewandt, durch welchen die Eigentümerversammlung die Sanierung der Fenster in ihrer Wohnung durch die Gemeinschaft mehrheitlich abgelehnt hat. Das AG hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens stattgegeben und den Streitwert auf 25.000 EUR (voraussichtliche Sanierungskosten) festgesetzt.

Hiergegen haben die Eigentümer einer Wohnung mit insgesamt 29,94/1000 Miteigentumsanteilen Berufung eingelegt, welche das LG als unzulässig verworfen hat.

Das LG hat den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 4.000 EUR festgesetzt. Hiergegen wenden sich die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter mit der Streitwertbeschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat.

II. 1. Die Streitwertbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihr fehlt das Rechtschutzinteresse. Die Partei hat kein Interesse an einer Heraufsetzung des Streitwertes, da sich hierdurch ihre Anwaltsgebühren erhöhen. Dies gilt auch dann, wenn die Partei im Rechtsstreit obsiegt hat und der Gegner ihre Gebühren zu erstatten hat (Hartmann, KostG, 39. Aufl., § 68 Rz. 5; BGH NJW-RR 1986, 737).

2. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin im eigenen Namen eingelegte Streitwertbeschwerde ist zulässig. Sie hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise Erfolg.

Nach § 49a Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Wohnungseigentumssachen grundsätzlich auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladener an der Entscheidung festzusetzen. Der Streitwert ist indes nach unten durch das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beitretenden und nach oben durch das Fünffache des Wertes ihres Interesses sowie den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums begrenzt.

2.1. Das LG hat zunächst zu Recht für die Bemessung des Streitwertes auf das Gesamtinteresse der Beteiligten abgestellt. Ausgangspunkt für die Wertfestsetzung im Berufungsverfahren ist das Interesse der beklagten Wohnungseigentümer daran, die Kosten der Fenstersanierung nicht tragen zu müssen.

Nach § 47 Abs. 1 und 2 GKG bestimmt sich der Streitwert im Rechtsmittelverfahren nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, begrenzt durch den Wert des Streitgegenstands in erster Instanz. Diese Regelung gilt grundsätzlich auch im WEG-Verfahren.

Allerdings ist im hier vorliegenden Fall einer Berufung eines oder einzelner Wohnungseigentümer gegen das einer Beschlussanfechtungsklage stattgebendes Urteil nicht lediglich auf das Interesse des oder der Berufungskläger abzustellen. Maßgeblich ist vielmehr das Interesse aller Beklagter, da diese bei Beschlussmängelklagen notwendige Streitgenossen sind (Jennißen/Suilmannn, WEG, § 47 Rz. 19). Das gilt auch für ein nur von einzelnen Wohnungseigentümern betriebenes Berufungsverfahren. Aus dem gleichen Grund ist der Berufungsstreitwert auch nicht durch das fünffache Interesse eines einzelnen Berufungsklägers beschränkt, zumal der Wortlaut des § 49a Abs. 1 GKG nur auf den Kläger, nicht aber auf den Rechtsmittelführer abstellt.

2.2. Im Ansatz zu Recht hat das LG den Streitwert nicht in Höhe der gesamten zu erwartenden Sanierungskosten von 25.000 EUR festgesetzt, sondern einen deutlich niedrigeren Wert angenommen. Es trägt damit dem Umstand Rechnung, dass durch die Ungültigerklärung des die Sanierung ablehnenden Beschlusses die Eigentümergemeinschaft nicht unmittelbar zur Vornahme der Maßnahme verpflichtet wird und auch die Ausgestaltung der Sanierung völlig offen ist. Ausgangspunkt der Wertfestsetzung ist aber auch in diesem Fall nicht ein Regelstreitwert, sondern der Wert der Maßnahme, um deren Durchführung und Kostentragung die Parteien streiten.

Die isolierte Ungültigerklärung der Ablehnung eines Beschlussantrages (Negativbeschluss) - die nach der neuen Rechtsprechung des BGH...

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