Leitsatz (amtlich)

Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist bei erteilter Einzelanweisung an eine Büroangestellte, eine gefertigte Berufungsbegründung am gleichen Tag an das Berufungsgericht zu übersenden.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 02.04.2009; Aktenzeichen 29 O 134/08)

 

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin vom 15.7.2009 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

II. Die Berufung der Klägerin gegen das am 2.4.2009 verkündete Urteil der 29. Zivilkammer des LG Köln - 29 O 134/08 - wird als unzulässig verworfen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche wegen eines Sturzes vom 29.9.2007 in einem vom Beklagten zu 3) gesteuerten Linienbus geltend. Halterin des bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Fahrzeugs ist die Beklagte zu 1). Das LG Köln hat die Klage mit Urteil vom 2.4.2009 abgewiesen.

Gegen das ihr am 29.4.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.5.2009 - eingegangen bei Gericht an diesem Tag - Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 24.6.2009 - eingegangen bei Gericht am 30.6.2009 - hat sie die Berufung begründet. Mit Verfügung vom 7.7.2009 ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung versäumt worden ist. Mit am 16.7.2009 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 15.7.2009, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheit verwiesen wird, hat die Klägerin beantragt, ihr hinsichtlich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Die am 24.6.2009 durch ihre Prozessbevollmächtigten - vom bearbeitenden Rechtsanwalt T. - gefertigte Berufungsbegründung sei an diesem Tag unter Hinweis auf den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 29.6.2009 einer Angestellten der Prozessbevollmächtigten - Frau I. - mit der Anweisung übergeben worden, den Schriftsatz per Fax an das OLG Köln zu schicken. Frau I. sei am 24.6.2009 wegen anderer Arbeiten nicht hierzu gekommen. Sie habe sich, da sie am 25.6.2009 einen freien Tag gehabt habe, vorgenommen, den Auftrag am 26.6.2009 zu erledigen. An diesem Tag habe jedoch eine andere Mitarbeiterin Urlaub gehabt, so dass es bei Frau I. zu einer Mehrbelastung gekommen sei. Hierdurch sei der Auftrag in Vergessenheit geraten und die Berufungsbegründung in die normale Gerichtspost gelangt. Frau I. sei eine äußerst sorgfältige und umsichtig arbeitende Mitarbeiterin. Das Personal sei über die Einhaltung von Fristen und Folgen bei Fristversäumnissen unterrichtet. Frau I. sei hierauf im vorliegenden Fall ausdrücklich vom bearbeitenden Rechtsanwalt hingewiesen worden.

II. Die Berufung der Klägerin ist unzulässig. Die rechtzeitig mit Schriftsatz vom 28.5.2009 eingelegte, bei Gericht unter dem gleichen Datum eingegangene Berufung der Klägerin ist nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO begründet worden. Nach Zustellung des landgerichtlichen Urteils am 29.4.2009 lief die Begründungsfrist am 29.6.2009 ab. Die Berufungsbegründung ging jedoch erst am 30.6.2009 und damit verspätet ein.

Der Klägerin kann gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar zulässig. Die Klägerin hat binnen eines Monats nach Wegfall des behaupteten Hindernisses frist- und formgerecht gem. §§ 234 Abs. 1 Satz 2, 236 ZPO die Wiedereinsetzung beantragt. Der Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch unbegründet.

Die Begründetheit eines Wiedereinsetzungsantrags setzt gem. § 233 ZPO voraus, dass die Partei ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten. Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Denn die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben schuldhaft die Frist zur Berufungsbegründung versäumt. Dieses Verschulden steht gem. § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Klägerin gleich.

Ein Prozessbevollmächtigter muss dafür Sorge tragen, dass ein fristwahrender Schriftsatz nicht nur rechtzeitig gefertigt wird, sondern auch fristgerecht bei dem zuständigen Gericht eingeht. Er ist gehalten, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen in größtmöglichem Umfang auszuschließen. Hierzu gehört insb. eine hinreichend sichere Ausgangskontrolle (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 233 Rz. 23 "Ausgangskontrolle", "Büropersonal und -organisation", "Fristenbehandlung"; m.w.N.). Dazu, dass die Büroorganisation ihrer Prozessbevollmächtigten eine hinreichende Überwachung des tatsächlichen Ausgangs fristwahrender Schriftsätze gewährleistet, hat die Klägerin weder im Wiedereinsetzungsgesuch selbst noch innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO etwas dargetan. Erforderlich wäre gewesen, dazulegen, wie die Ausgangskontrolle im Büro ihrer Prozessbevollmächtigten organisiert ist. Es wird indes allein v...

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