Leitsatz (amtlich)

Einer vor dem 1.1.1977 durchgeführten Minderjährigenadoption kommt grundsätzlich nur eine schwache Wirkung zu; eine Verwandtschaft zwischen dem Angenommenen und den Verwandten des Annehmenden wurde durch sie vorbehaltlich der Möglichkeit des Art. 12 § 7 Abs. 2 AdoptG nicht begründet.

 

Normenkette

AdoptG Art. 12 § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Köln (Beschluss vom 22.07.2004; Aktenzeichen 35 VI 194/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 26.7.2014 gegen den Beschluss des AG Köln vom 22.7.2014 - 35 VI 194/14 - wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

1. Die am 24.8.1947 geborene Beteiligte zu 1) war durch Kindesannahmevertrag vom 17.12.1956 von einem Bruder der Erblasserin, nämlich dem am 16.10.1988 vorverstorbenen Herrn ..., und dessen Ehefrau an Kindes Statt angenommen worden. Nach vorangegangenen privatschriftlichen Anträgen an das AG Köln hat die am 24.8.1947 geborene Beteiligte zu 1) zur Niederschrift des AG Paderborn die Erteilung eines Teilerbscheins beantragt, der sie als Miterbin nach der Erblasserin zu mindestens 1/12-Anteil ausweist.

Der Richter des Nachlassgerichts hat nach vorangehender Erteilung eines entsprechenden rechtlichen Hinweises mit Beschluss vom 22.7.2014 den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, ihr stehe kein Erbrecht zu, weil sich die Annahme nach Art. 12 § 1 Abs. 1 AdoptG i.V.m. § 1770 BGB nicht auf die Verwandten des Annehmenden erstrecke.

Gegen den ihr am 24.7.2014 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 1) mit einem am 1.8.2014 bei dem AG eingegangen Schreiben Beschwerde eingelegt. Das AG hat der Beschwerde durch Beschluss vom 5.8.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die Beschwerde ist gemäß 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg, weil das AG den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) mit Recht zurückgewiesen hat. Knapp, aber zutreffend ist auch die Begründung des angefochtenen Beschlusses; das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Die Beteiligte zu 1) hat kein Erbrecht nach der Erblasserin (§ 1925 Abs. 1, 3 Satz 1 BGB) erlangt, weil aufgrund der Annahme an Kindes Statt durch einen Bruder der Erblasserin kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen der Beteiligten zu 1) und der Erblasserin begründet worden ist. Die entgegengesetzte Ansicht der Beteiligten zu 1), es seien die verwandtschaftlichen Beziehungen zu der Ursprungsfamilie erloschen und sie sei nicht nur mit den Adoptiveltern, sondern auch mit deren Verwandtschaft verwandt, trifft nicht zu: Bei einer Annahme an Kindes Statt ist zu unterscheiden, ob dieser eine starke oder eine schwache Wirkung zukommt, was durch die einschlägigen rechtlichen Regelungen bestimmt wird. Der Adoption der Beteiligten zu 1) kommt nur eine schwache Wirkung in dem Sinne zu, dass sie sich auf das Verhältnis zwischen ihr und den Annehmenden beschränkt und ein Verwandtschaftsverhältnis zu den Verwandten der Annehmenden und damit auch zu der Erblasserin als Schwester des Annehmenden nicht begründet hat.

Die Beteiligte zu 1) ist im Jahre 1956 und damit noch unter Geltung des vor dem 1.1.1977 geltenden alten Adoptionsrecht an Kindes Statt angenommen worden. Die Minderjährigenadoption begründete nach §§ 1757, 1763 BGB in der seinerzeit geltenden Fassung ein Verwandtschaftsverhältnis nur zwischen dem Annehmenden selbst und dem Angenommenen, wobei die Verwandtschaft des Angenommenen mit der leiblichen Familie bestehen blieb (§ 1764 BGB a.F.); nach dem alten Recht kam der Minderjährigenadoption nur eine schwache Wirkung zu. Daran hat sich durch das am 1.1.1977 in Kraft getretene Adoptionsrecht in Bezug auf die Annahme der Beteiligten zu 1) an Kindes Statt nichts geändert. Anlässlich der Einführung des neuen Adoptionsrechts mit Wirkung vom 1.1.1977 hat der Gesetzgeber die Übergangsregelung des Art. 12 § 1 Abs. 1 Adoptionsgesetz geschaffen, nach der dann, wenn der nach den bisherigen Vorschriften an Kindes Statt Angenommene im Zeitpunkt des In-Kraft-Treten dieses Gesetzes volljährig war, auf das Annahmeverhältnis nunmehr die Bestimmungen "dieses Gesetzes" über die Annahme Volljähriger, also insbesondere § 1770 BGB n.F., anzuwenden sind. Diese Übergangsregelung erfasst nicht nur alle Volljährigen-Altadoptionen, sondern auch einen Großteil der Minderjährigenadoptionen, die - wie die Adoption der Beteiligten zu 1) durch einen Bruder der Erblasserin - noch unter der Geltung des früheren Adoptionsrechts zustande gekommen waren, unter der Voraussetzung, dass der Angenommene - wie hier die am 24.8.1947 geborene Beteiligte zu 1) - am Stichtag, dem 1.1.1977, bereits volljährig war. Die Überleitung dieser Adoptionen in Volljährigenadoptionen neuen Rechts erschien dem Gesetzgeber deshalb gerechtfertigt, weil die Wirkungen der Adoption eines Volljährigen nach neuem, seit dem 1...

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