Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 9 O 155/20)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. 1. Der Senat ist einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung der Klägerin offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Das Landgericht hat die Klage zu Recht hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 EUR abgewiesen. Der Klägerin steht ein diesbezüglicher Erstattungsanspruch aus §§ 535, 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht zu. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung.

Die dagegen gerichteten Rügen der Berufung greifen nicht durch.

a) Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, das Landgericht sei in Verkennung der in § 6 des Mietvertrages vom 06.11.2017/08.11.2017 getroffenen Regelung, wonach die Mieten jeweils spätestens zum dritten Werktag eines Monats im Voraus zahlbar waren, zu Unrecht davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts im Jahr 2019 noch kein Verzug der Beklagten mit den Mietzahlungen vorgelegen habe. Wie sich aus dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung vom 26.10.2020 (BI. 21 GA) sowie dem als Anlage 3 vorgelegten Schreiben des vorgerichtlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 24.06.2019 ergibt, ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bereits mit Schreiben vom 04.06.2019 für die Klägerin in der Mietsache tätig geworden. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte jedoch nicht mit der Zahlung der vereinbarten Miete in Verzug, da eine Kürzung der Miete erst ab Juli 2019 erfolgte. Die Zahlung der Miete 2018 war nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (S. 8 LGU), denen sich der Senat anschließt, nicht mehr geschuldet.

b) Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung hinsichtlich der Verzugsvoraussetzungen auf die Klageschrift vom 21.08.2020 verweisen möchte, mit der rückständige Mietzahlungen eingefordert sowie Räumung verlangt wurde und ihr Prozessbevollmächtigter in ihrem Namen und Auftrag eine auf den Zahlungsverzug gestützte außerordentliche Kündigung erklärt hat, liegt darin schon keine außergerichtliche Vertretung i.S.v. Nr. 2400 VV RVG in Verbindung mit §§ 13, 14 RVG.

2. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung, die grundsätzlich auch bei einer Berufungszurückweisung im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 ZPO abgeändert werden kann (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 25.01.2010 - 10 U 119/09 -, juris Rn. 10; Heßler in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 522 Rn. 41; Rimmelspacher in: MünchKommZPO, 6. Aufl., § 522 Rn. 35), beabsichtigt der Senat allerdings von Amts wegen abzuändern. Denn das Landgericht hat der Klägerin zu Unrecht 38 % der erstinstanzlichen Kosten auferlegt. Die Klägerin ist im Rechtsstreit lediglich hinsichtlich des Zahlungsantrages über 8.279,04 EUR mit einem Teilbetrag von 625,00 EUR sowie hinsichtlich der - allerdings nicht streitwertrelevanten - vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unterlegen. Dass die Klägerin mit ihrer ersten Kündigung vom 20.12.2019 nicht durchgedrungen ist, ist entgegen der sich aus seiner Vorgehensweise ersichtlichen Ansicht des Landgerichts hingegen weder für den Streitwert noch für die Kostenentscheidung relevant. Denn der Streitwert erhöht sich nicht, auch nicht fiktiv, wenn ein Räumungsverlangen auf mehrere Kündigungserklärungen gestützt wird (vgl. KG, Beschluss vom 12.01.2012 - 8 W 31/11 -, NZM 2012, 535; OLG Stuttgart, Beschluss vom 02.03.2011 - 5 U 137/10 -, juris Rn. 7; OLG München, Beschluss vom 09.07.2001 - 5 W 1857/01 -, juris Rn. 4; Fischer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Aufl., Kap. XL, Rn. 379; Kurpat in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., § 41 GKG Rn. 24; Dörndorfer in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl., § 41 GKG Rn. 10; Elzer in: Toussaint, Kostenrecht, 51. Aufl., § 41 GKG Rn. 29.). Vielmehr besteht ein Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identität, weil im Kern die Räumung als eine einheitliche Leistung verlangt wird und die Kündigung nur Vorfrage für die Entscheidung über das Räumungsbegehren ist (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2007 - 3 U 64/07 -, BeckRS 2008, 9363 Rn. 14). Angesichts des damit vorliegenden geringfügigen Unterliegens der Klägerin sind die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erfüllt, so dass die Beklagte die gesamten erstinstanzlichen Kosten zu tragen hat.

3. Angesichts der vorstehenden Ausführungen unter Ziffer 2. beabsichtigt der Senat auch den vom Landgericht unter Ansatz eines Streitwerts für zwei Räumungsklagen im Wert von 10.800,00 EUR zuzüglich des Werts des Zahlungsantrags von 8.279,04 EUR auf insgesamt 29.879,04 EUR festgesetzten Streitwert nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen abzuände...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge