Leitsatz (amtlich)
1. Die volle 1,6fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 RVG-VV ist vom Berufungsführer zu erstatten, wenn der Prozessbevollmächtigte des Rechtsmittelgegners sich nach der gleichzeitig erfolgten Zustellung der Berufungsbegründung und eines Hinweisbeschlusses des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO für den Berufungsbeklagten bestellt und hierbei zugleich unter Stellung eines Zurückweisungsantrags auf die Berufung erwidert.
2. Dass dem Rechtsmittelgegner bzw. seinem Prozessbevollmächtigten die zu diesem Zeitpunkt schon bei Gericht vorliegende Berufungsrücknahme des Rechtsmittelführers nicht bekannt ist, steht der Erstattungsfähigkeit nicht entgegen (Anschluss an OLG Koblenz JurBüro 2005, 81).
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 522 Abs. 2; RVG-VV Nrn. 3200-3201
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 908,68 EUR
Gründe
Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenkliche, insbesondere fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde des Klägerin ist nicht begründet. Mit im Wesentlichen zutreffender Begründung hat die Rechtspflegerin die mit dem berichtigten Festsetzungsantrag vom 5.2.2010 von der Klägerin angemeldeten zweitinstanzlichen Kosten in voller Höhe von 908,68 EUR festgesetzt. Das Rechtsmittel der Klägerin, mit dem sie die Erstattungsfähigkeit von Kosten für die zweite Instanz überhaupt in Abrede stellt, also nicht etwa lediglich den Ansatz der ermäßigten 1,1 Verfahrensgebühr Nr. 3201 RVG-VV an Stelle der von der Rechtspflegerin antragsgemäß angesetzten vollen 1,6 Verfahrensgebühr Nr. 3200 RVG-VV erstrebt, gibt zu einer abweichenden Entscheidung keinen Anlass.
Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt nicht deshalb die Erstattungsfähigkeit der von den Beklagten für die zweite Instanz geltend gemachten außergerichtlichen Kosten, weil die Prozessbevollmächtigte der Beklagten sich erst mit einem am selben Tage beim OLG eingegangenen Schriftsatz vom 10.12.2009 für die Beklagten bestellt und zugleich unter Beantragung der Zurückweisung der Berufung der Klägerin auf deren Rechtsmittel erwidert hatte, nachdem die Klägerin bereits mit ihrem 8.12.2009 per Telefax - im Original am nachfolgenden Tage - beim OLG eingegangenen Schriftsatz vom 8.12.2009, einem zuvor mit Beschluss vom 27.11.2009 nach § 522 Abs. 2 ZPO erteilten gerichtlichen Hinweis folgend, das Rechtsmittel zurückgenommen hatte.
In diesem Zusammenhang ist zunächst die Frage der Entstehung der von den Beklagten geltend gemachten Anwaltsgebühren von der Erstattungsfähigkeit zu trennen. Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2007, 3723) ist davon auszugehen, dass die Beklagten nach der mit Schriftsatz vom 8.10.2009 erfolgten Berufungseinlegung durch die Klägerin ihrerseits anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen durften. Nach der im Kostenfestsetzungsverfahren unbestritten gebliebenen Sachdarstellung wurde Rechtsanwältin X. von den Beklagten am 6.11.2009 mit der Prozessvertretung im Berufungsverfahren beauftragt. Soweit die Rechtspflegerin diesbezüglich im Nichtabhilfebeschluss vom 14.7.2010 ausgeführt hat, die Zustellung des Hinweisbeschlusses des 2. Zivilsenats des OLG Köln vom 27.11.2009 an Rechtsanwältin X. zeige, "dass auch das OLG Köln von einer Beauftragung ausging", ist lediglich der klarstellende Hinweis veranlasst, dass dem OLG mangels einer bis dahin vorliegenden, nach außen tretenden Bestellungsanzeige der (interne) Vorgang der Beauftragung durch die Beklagten seinerzeit noch nicht bekannt sein konnte. Die Zustellung des Hinweisbeschlusses vom 27.11.2009 hatte allein schon deshalb - wie etwa zuvor schon die Zustellung der Berufungsschrift - an Rechtsanwältin X. zu erfolgen, weil diese die erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten war und sich bislang kein anderer Rechtsanwalt für die Beklagten bestellt hatte.
Mit der Beauftragung, dem gegnerischen Rechtsmittel entgegen zu treten, begann für Rechtsanwältin X. gebührenrechtlich das Berufungsverfahren (vgl. N. Schneider in AnwKomm/RVG 5. Aufl. VV 3200 Rz. 8). Ebenso unzweifelhaft ist, dass der von Rechtsanwältin X. in ihrem Schriftsatz vom 10.12.2009, mit dem sie sich in zweiter Instanz für die Beklagten bestellte und zugleich auf die Berufung erwiderte, angekündigte Antrag, "die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen", einen Sachantrag i.S.v. Nrn. 3200, 3201 RVG-VV darstellt, der eine volle 1,6 Verfahrensgebühr entstehen ließ (vgl. N. Schneider in AnwKomm/RVG, a.a.O., Rz. 13).
Die hiernach auf Seiten der Beklagten entstandenen Rechtsanwaltsgebühren - volle 1,6 Gebühr nach VV 3200 RVG-VV nebst Erhöhung gem. Nr. 1008 RVG-VV sowie Auslagenpauschale und Umsatzsteuer - sind auch gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähig:
Die Erstattungsfähigkeit nach § 91 ZPO ist allerdings grundsätzlich von der Notwendigkeit der in Rede stehenden Maßnahmen zur zweckentsprechenden Rechtsverfo...