Verfahrensgang
AG Bonn (Aktenzeichen 43 F 30/02 PKH) |
Tenor
Auf die als sofortige Beschwerde zu wertende „Beschwerde” der Antragstellerin vom 2.4.2002 (Bl. 21 GA) wird der Beschluss des AG – FamG – Bonn vom 5.4.2002 – 45 F 50/02 PKH – (Bl. 6 PKH-Heft), durch welchen die Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin „im Hinblick auf die einfache Sach- und Rechtslage” im Rahmen der gewährten Prozesskostenhilfe für das Sorgerechtsverfahren abgelehnt worden ist, abgeändert.
Der Antragstellerin wird im Rahmen der gewährten Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Sorgerechtsverfahrens RA P.J.B. in … B. (D.) beigeordnet.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2, 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das FamG der Antragstellerin im Rahmen der gewährten Prozesskostenhilfe die Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten zur Durchführung des Sorgerechtsverfahrens verweigert. Gemäß § 121 Abs. 2 ZPO wird in Verfahren ohne Anwaltszwang der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Vorliegend sind die Voraussetzungen der ersten Alternative dieser Vorschrift erfüllt. Im Verfahren ohne Anwaltszwang soll gewährleistet sein, dass der Partei dort, wo eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, ein Anwalt zur Seite steht. In Verfahren ohne Anwaltszwang – wie vorliegend – ist ein Anwalt beizuordnen, wenn die Partei dies beantragt. Weiter muss die Vertretung durch einen Anwalt erforderlich sein. Es muss ein sächliches und persönliches Bedürfnis nach anwaltlicher Unterstützung bestehen. Maßgeblich sind einerseits Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache und andererseits die Fähigkeit des Hilfsbedürftigen, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Heute kann kein Laie einen Rechtsstreit selbst führen, ohne das Risiko von Nachteilen einzugehen. Auch Kindschafts- und Unterhaltssachen sind rechtlich so diffizil und für die Partei so bedeutsam, dass die Beiordnung ein Verfassungsgebot ist. Der Begriff der Erforderlichkeit einer Vertretung ist deshalb weit auszulegen und die Regel-Ausnahme-Fassung des § 121 Abs. 2 S. 1 ist in praxi umzukehren. Der Partei ist ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass der Einzelfall so einfach und der Hilfsbedürftige so geschäftsgewandt ist, dass anwaltliche Unterstützung entbehrlich ist (vgl. hierzu Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 121 Rz. 4).
Diese Ausnahmevoraussetzungen sind vorliegend erkennbar nicht gegeben. So kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin geschäftlich so gewandt ist, dass sie die vorliegende Sorgerechtssache selbst führen kann. Auch wenn die Antragstellerin zunächst davon ausgeht, dass ihr geschiedener Ehemann mit der Abänderung der Sorgerechtsregelung einverstanden ist, kann – wie die Antragstellerin zurecht ausführt – nicht von vorneherein davon ausgegangen werden, dass es hierbei verbleibt. Daneben können im Sorgerechtsverfahren zusätzliche Probleme dadurch auftreten, dass sich weitere Fragen zum Aufenthaltsbestimmungsrecht und Umgangsrecht wie auch zur Erziehungsfähigkeit ergeben. Insgesamt greifen Sorgerechtsregelungen so gravierend in den Lebens- und Rechtskreis der Beteiligten ein, dass es grundsätzlich geboten erscheint, für die Beteiligten eine anwaltliche Vertretung zuzulassen.
Demgemäß war antragsgemäß zu entscheiden.
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Fundstellen
Haufe-Index 1107162 |
FamRZ 2003, 107 |
EzFamR aktuell 2002, 348 |
MDR 2002, 1195 |
OLGR Köln 2002, 294 |
ZfJ 2003, 78 |
AGS 2002, 235 |
ZFE 2002, 260 |