Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung von Mängelansprüchen, Planungs- und Überwachungsleistungen, Gasleitungsnetz

 

Leitsatz (amtlich)

Ob für Planungs- und Überwachungsleistungen, die im Hinblick auf Bauwerke erbracht werden, die zweijährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche nach § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB oder die fünfjährige Frist nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt, bestimmt sich danach, wo die Leistung verkörpert wird. Nur wenn dies im Bauwerk erfolgt, kommt § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Anwendung. Das gilt auch für die Arbeiten eines Vermessungsingenieurs. Dienen diese lediglich der planmäßigen Erfassung des Bauwerkes (hier eines Gasleitungsnetzes) zur Durchführung zukünftiger Erhaltungsmaßnahmen und nicht der funktionstüchtigen Herstellung des Bauwerkes oder seiner grundlegenden Erneuerung oder Erweiterung, so greift die kurze Frist des § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB ein.

 

Normenkette

BGB § 634a Abs. 1 Nr. 1; BGB § 634a Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 18 O 16/09)

 

Gründe

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO vorliegen.

Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Klageansprüche, die die Klägerin auf behauptete Mängel der von ihr Aufrag gegebenen Vermessungsarbeiten des Beklagten stützt (§ 634 BGB), jedenfalls verjährt wären. Zur Anwendung kommt die zweijährige Frist aus § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB. Diese Frist gilt für Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache oder in der Erbringung von Planungsleistungen- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht. Entgegen der Aufassung der Klägerin unterliegen die Ansprüche nicht Verjährungsfrist von fünf Jahren nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB. Dies gilt für Ansprüche aus § 634 BGB bei einem Bauwerk und einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsarbeiten hierfür besteht. Mit der Gleichstellung der Planungs- und Überwachungsleistungen an die jeweilige körperliche Werkleistung, auf die sich diese Leistungen beziehen, knüpft das Gesetz an die Grundsätze der Rechtsprechung zu § 638 BGB a.F. an (Leitzke in: Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, § 29 Rz. 5; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 6. Teil Rz. 71). Danach richtete sich die Verjährungsfrist für werkvertragliche Mängelansprüche bei Leistungen von Architkekten und Sonderfachleuten, d.h. von Personen, die im Rahmen der Errichtung eines Bauwerks zur Erbringung spezieller Planungs- und Überwachungsleistugen eingesetzt werden, danach, wo die Leistung verkörpert wird; bei Verkörperungen in einem Bauwerk galt somit die Verjährung von fünf Jahren (Stellungnahme des Bundesrats und Gegenäußerung der Bundesregierung BT-Drucks. 14/6857, 36 und 67 unter Hinweis auf BGHZ 37, 340, 344; BGH NJW 1999, 2434). Diese Rechtsprechung betraf auch die Leistungen eines Vermessungsingenieurs (BGHZ 58, 225, 228; 121, 94 = NJW 1993, 723; NJW-RR 1987, 853; NJW-RR 2004, 1350, 1351; OLG Brandenburg Beschl. v. 11.1.2007 - 12 W 1/06, zit. nach Juris). Das Erfordernis eines Bezuges zwischen körperlicher Werkleistung und geistiger Planungs- und Überwachungsleistung wird im Gesetz durch die Formulierung "hierfür" zum Ausdruck gebracht. Demgemäß kommt es auch bei § 634a BGB in Anknüpfung an die hergebrachten Grundsätze darauf an, wo sich die geistige Leistung des Planers oder sonstigen Sonderfachmannes verkörpert (Voit in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 634a BGB Rz. 11; ferner Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 634a Rz. 14; in diesem Sinne auch Busche in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 634a BGB Rz. 27: "Planungen, die einem Bauwerk zugute kommen"). Verkörpert sich der Mangel des Planungswerkes im Bauwerk, so greift § 634a Abs. 1 Nr. 2 ein, anderenfalls § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB. Das Gas- und Wasserleitungsnetz der Klägerin ist zwar ein Bauwerk i.S.d. § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB (BGHZ 121, 94 = NJW 1993, 723). Die Vermessungsarbeiten des Beklagten hatten aber lediglich die planmäßige Erfassung des Leistungsnetzes zum Gegenstand und waren - auch nach eigenem Vortrag der Klägerin - nur für die Durchführung zukünftiger Erhaltungsmaßnahmen von Bedeutung. Sie dienten daher - wie das LG zutreffend ausgeführt hat - weder der Herstellung noch der grundlegenden Erneuerung oder Erweiterung des Leitungsnetzes. Dessen Funktionstüchtigkeit hing nicht von seiner planmäßigen Erfassung ab. Damit fehlt es am Bezug zu einem Bauwerk in dem Sinne, dass sich ein etwaiger Mangel der Vermessungsarbeiten im Leitungsnetz selbst hätte verkörpern können (ebenso Palandt/Sprau § 634a Rz. 17; Busche, a.a.O.). Das hat zur Folge, dass die zweijährige Verjährungsfrist aus § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB eingegriffen hat. Deren Lauf begann mit der spätestens durch vorbehaltlose Begleichung der Schlussrechung Ende April 2006 erfolgten Abnahme (§ 634a Abs. 2 BGB) und war bei Klageerhebung schon beendet.

II. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen seit ...

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