Entscheidungsstichwort (Thema)

Qualifizierte Vaterschaftsanfechtung nach § 1599 Abs. 2 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Erkennt ein Dritter die Vaterschaft eines nach Anhängigkeit des Scheidungsantrages geborenen Kindes innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung an, wird das Anerkenntnis auch dann wirksam, wenn die hierzu erforderlichen Zustimmungen der Mutter und des mit ihr im Zeitpunkt der Geburt verheirateten Mannes erst nach Ablauf der Jahresfrist erteilt werden.

 

Normenkette

PStG § 27; BGB § 1599 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Beschluss vom 26.02.2010; Aktenzeichen 4 T 64/10)

AG Bonn (Beschluss vom 14.01.2010; Aktenzeichen 43 III 49/09)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers werden die Beschlüsse des AG Bonn vom 14.1.2010 - 43 III 40/09 - und des LG Bonn vom 26.2.2010 - 4 T 64/10 - abgeändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Vaterschaftsanerkennung durch Herrn Q. T. vom 3.8.2005 beim Geburtseintrag des Kindes U. M. (Geburtseintrages Nr. XXX/2004 Standesamt C.) gem. § 27 Abs. 1 PStG zu beurkunden.

Der Geschäftswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Am 1.8.2008 wurde das Kind U. M. in C. geboren. Zu diesem Zeitpunkt war der Antragsteller noch mit der Mutter des Kindes, der Beteiligten zu 2) verheiratet, das Scheidungsverfahren war aber bereits anhängig. Am 5.8.2004 wurde die Ehe rechtskräftig geschieden.

Da die Geburt des Kindes während der Ehe erfolgte, wurde der Antragsteller gem. § 1592 Nr. 1 BGB als Vater des Kindes im Geburtsregister eingetragen. Der leibliche Vater des Kindes, der Beteiligte zu 3), hat die Vaterschaft vor dem Standesamt C. IV am 3.8.2005 anerkannt (Bl. 15 d.A.). Gleichzeitig erklärte die Beteiligte zu 2) ihre Zustimmung gem. § 1599 Abs. 2 BGB (Bl. 16 d.A.). Der Antragsteller erteilte seine Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung des Beteiligten zu 3) erst am 18.3.2009.

Mit Schreiben vom 25.3.2009 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Eintragung der Vaterschaft des Beteiligten zu 3) in das Geburtsregister. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 1.4.2009 mit der Begründung ab, dass der Antragsteller seine Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung des Beteiligten zu 3) nicht innerhalb der in § 1599 Abs. 2 BGB normierten Frist von einem Jahr seit Rechtskraft des Scheidungsurteils abgegeben habe.

Der Antragsteller ist der Ansicht, die Jahresfrist in § 1599 Abs. 2 BGB gelte nur für das Anerkenntnis des leiblichen Vaters, nicht aber für die Zustimmung der Mutter und des Ehemannes. Ferner behauptet er, er habe vor Ablauf der Jahresfrist die Zustimmung vor dem Standesamt in I. abgeben wollen, dort sei ihm indes erklärt worden, dass der Vorgang dort nicht bekannt sei und er die Erklärung daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeben könne.

Das AG C. hat den Antrag des Antragstellers auf Berichtigung des Geburtseintrages mit der Begründung zurückgewiesen, das Anerkenntnis des leiblichen Vaters nach § 1599 Abs. 2 BGB sei nur wirksam, wenn auch die Zustimmungen der Mutter und des damaligen Ehemannes innerhalb der Frist von einem Jahr ab Rechtskraft der Scheidung der Ehe erklärt würden. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das LG mit Beschluss vom 26.2.2010 zurückgewiesen.

Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er vertritt weiterhin die Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine qualifizierte Vaterschaftsanerkennung gem. § 1599 Abs. 2 BGB vorliegen. Auch die Vorschrift des § 1597 Abs. 3 S. 1 BGB, wonach der Mann die Anerkennung widerrufen kann, wenn sie ein Jahr nach der Beurkundung noch nicht wirksam geworden ist, zeige, dass die Zustimmung des früheren Ehemannes auch noch nach Ablauf der Jahresfrist abgegeben werden könne. Ferner rügt der Antragsteller eine Verletzung des Art. 8 EMRK.

Der Senat hat die Beteiligten zu 2) und 4) angehört. Der Beteiligte zu 3) konnte nicht angehört werden, da seine aktuelle Anschrift unbekannt ist und Versuche, seinen Aufenthalt zu ermitteln, erfolglos geblieben sind.

II. Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet.

Nach § 27 Abs. 1 PStG ist eine Anerkennung oder gerichtliche Feststellung der Vaterschaft nach der Geburt in das Geburtenregister einzutragen. Die Anerkennung der Vaterschaft durch den Beteiligten zu 3) ist nach § 1599 Abs. 2 BGB wirksam. Die Voraussetzungen dieses qualifizierten Vaterschaftsanerkenntnisses liegen nach Auffassung des Senats vor.

§ 1599 Abs. 2 BGB durchbricht den Grundsatz, wonach die gesetzliche Vermutung, dass ein während der Ehe geborenes Kind vom Ehemann der Mutter abstammt, nur durch eine gerichtliche Entscheidung beseitigt werden kann. Die Vorschrift ermöglicht in den Fällen, in denen das Kind nach Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens geboren wird, die Anerkennung der Vaterschaft durch einen Dritten und die Beseitigung der Vaterschaftszurechnung zum bisherigen Ehemann ohne gerichtliches Anfechtungsverfahren. Voraussetzung ist, dass der Dritte die Vaterschaft innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung ane...

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