Leitsatz (amtlich)

1. Für die Erteilung eines Erbscheins ist die volle Gebühr nach § 107 Abs. 1 KostO auch dann zu erheben, wenn er lediglich für eine Eintragung im Handelsregister benötigt wird; die Regelung des § 107 Abs. 3 und 4 KostO ist in diesem Fall nicht entspr. anzuwenden.

2. Die Erhebung von Wertgebühren für die Erteilung eines Erbscheins verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen die Gesellschaftssteuerrichtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften.

 

Normenkette

GG Art. 3; KostO § 14 Abs. 3, § 18 Abs. 1, § 107 Abs. 3 u. 4

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Beschluss vom 04.04.2003; Aktenzeichen 7 T 36/03)

AG Aachen (Aktenzeichen 75 VI 715/02)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 17.4.2003 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Aachen vom 4.4.2003 – 7 T 36/03 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat mit dem am 12.8.2002 eingegangenen Antrag vom 8.8.2002 bei dem AG (Nachlassgericht) Aachen die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der sie sowie die beiden Kinder des Erblassers R T, nämlich Herrn Dipl.-Ing. T und Frau Dipl.-Kaufmann D T, zu je 1/3-Anteil als Erben des Erblassers ausweist, und zwar beschränkt zur Verwendung vor dem Handelsregister des AG Leipzig. Durch Kostenvorschussrechnung vom 13.8.2002 hat das AG von der Antragstellerin Gebühren i.H.v. 9.413 Euro – berechnet nach einem Nachlasswert von bis 7.900.000 Euro – eingefordert und dabei mitgeteilt, eine Gebührenermäßigung nach § 107 Abs. 3 oder 4 KostO komme nicht in Betracht.

Die gegen diese Vorschussrechnung gerichtete Erinnerung der Antragstellerin vom 16.8.2002 hat die Rpflegerin des AG durch Beschl. v. 19.9.2002 zurückgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin vom 1.10.2002 hat das LG Aachen durch Beschl. v. 29.1.2003 – 7 T 167/02 – den Beschluss der Rechtspflegerin vom 19.9.2002 aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Erinnerung durch den dafür zuständigen Richter an das AG zurückverwiesen. Auch der Richter des AG Aachen hat die Erinnerung der Antragstellerin vom 16.8.2002 zurückgewiesen, und zwar durch Beschl. v. 19.2.2003.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Antragstellerin vom 5.3.2003 hat das LG Aachen durch Beschl. v. 4.4.2003 – 7 T 36/03 – zurückgewiesen. Das LG hat ausgeführt, die Gebühr sei auf der Grundlage des von dem AG festgestellten und von der Beschwerde nicht angezweifelten Nachlasswerts von bis zu 7,9 Mio. Euro nach § 107 Abs. 2 S. 1 KostO zutreffend mit 9.413 Euro angesetzt worden. Gebührenermäßigungen nach § 107 Abs. 3 und 4 KostO seien lediglich in den Fällen vorgesehen, in denen der Erbschein nur zur Verfügung über Grundstücke, über eingetragene Schiffe oder Schiffsbauwerke, über im Grundbuch, im Schiffsregister oder im Schiffsbauregister eingetragene Rechte oder zur Berichtigung des Grundbuchs, des Schiffsregisters oder des Schiffsbauregisters benötigt werde. Eine entspreche Anwendung dieser Regelung auf die Fälle, in denen der Erbschein lediglich für eine Eintragung im Handelsregister benötigt werde, komme nach der herrschenden Auffassung, der sich die Kammer anschließe, nicht in Betracht.

Gegen diesen Beschluss des LG wendet sich die Antragstellerin mit der – vom LG in der angefochtenen Entscheidung gem. § 14 Abs. 3 S. 2 KostO wegen grundsätzlicher Bedeutung der genannten Rechtsfrage zugelassenen – weiteren Beschwerde vom 17.4.2003. Sie ist der Auffassung, bei der Regelung des § 107 Abs. 3 und 4 KostO handele es sich nicht um eine abschliessende Privilegierung der darin bestimmten Sonderfälle. Vielmehr sei diese Regelung entspr. auch dann anzuwenden, wenn der Erbschein – wie hier – lediglich zur Berichtigung einer Eintragung im Handelsregister benötigt werde. Zudem sei die Erhebung von Gebühren unzulässig, soweit sie den tatsächlich Aufwand überstiegen. Wie der Europäische Gerichtshof 1997 entschieden habe, seien Handelsregistergebühren, deren Höhe im Verhältnis zu dem gezeichneten Nennkapital unangemessen sei, als indirekte Steuer zu qualifizieren und daher unzulässig. Dies gelte auch für die hier angesetzte Gebühr für die Erteilung eines Erbscheins.

II. Die weitere Beschwerde ist gem. § 14 Abs. 3 S. 2 KostO zulässig, bleibt in der Sache indes ohne Erfolg.

1. Allerdings ist in dem Fall, dass das Nachlassgericht die Erteilung des Erbscheins nach § 8 Abs. 2 S. 1 KostO davon abhängig macht, dass ein Vorschuss gezahlt oder sicher gestellt wird, nach § 8 Abs. 3 KostO auch wegen der Höhe des Vorschusses nur die Beschwerde nach den §§ 19 ff. FGG, gegen die Entscheidung des LG über eine solche Beschwerde dagegen nicht die weitere Beschwerde gegeben, da die §§ 27 ff. FGG in § 8 Abs. 3 KostO nicht in Bezug genommen sind (vgl. Hartmann, Kostengesetze, KostO, 32. Aufl. 2003, § 8 Rz. 21; Lappe in Korintenberg/Lappe, KostO, 15. Aufl. 2002, § 8 Rz. 31; jew. m.w.N.). In einem solchen Fall ist die weitere Beschwerde, da gesetzlich nicht vorgesehen, auch dann nicht statthaft, wenn sie von dem Beschwerdegericht in seiner Entsche...

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