Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 1 O 307/19)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Klägers gegen das am 18.03.2020 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 O 307/19 - nach § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig durch Beschluss zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit, binnen 3 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, denn das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Dem Kläger stehen im Hinblick auf den am 16.01.2016 gebraucht gekauften, von der Beklagten hergestellten Porsche A 3.0 D, in dem der von der Fa. B entwickelte und produzierte Dieselmotor EA 897 verbaut war, keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu:

1. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 826 BGB.

a. Zwar ist der Ansicht des Landgerichts nicht zu folgen, dass auf Seiten der Beklagten der erforderliche Schädigungsvorsatz im vorliegenden Fall des Gebrauchtwagenkaufs von einem privaten Vorerwerber nicht vorliegt. Denn gemäß der zu dem VW-Motor EA 189 ergangenen Grundsatz-Entscheidung des BGH vom 30.07.2020 (VI ZR 5/20 = NJW 2020, 1962), erstreckt sich ein vorhandener Schädigungsvorsatz auch auf die Weiterveräußerung von Gebrauchtfahrzeugen (a.a.O., Rz. 16, 63).

b. Indes scheitert ein Anspruch aus § 826 BGB daran, dass der Kläger entgegen der ihn treffenden Darlegungslast kein der Beklagten zurechenbares sittenwidriges Schädigungsverhalten substantiiert vorgetragen hat:

(1) Den in der Klageschrift gehaltenen Vortrag, der Motor verfüge über eine Abschalt-Software, die erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und entsprechend den Stickoxid-Ausstoß beschränke (Bl 20 GA), hat der Kläger gemäß dem Tatbestand der angegriffenen Entscheidung, die dieses Vorbringen an keiner Stelle erwähnt, nicht aufrecht erhalten (vgl. §§ 314, 320 ZPO). Auch die Berufungsschrift schweigt dazu, so dass insgesamt gemäß den §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 531 Abs. 2 ZPO der entsprechende Sachverhalt zur Prüfstandbetrieb-Software nicht berufungsgegenständlich ist.

(2) Soweit der Kläger seinen Schadensersatzanspruch auf die seiner Ansicht nach unzulässige Thermofenster-Software stützt, scheidet ein Anspruch aus § 826 BGB ebenfalls aus.

(a) Die Verwendung der Thermofenster-Software stellt bereits keine sittenwidrige Schädigung dar.

Dass in dem Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs eine entsprechende Thermofenster-Software eingebaut ist, ist aufgrund des entsprechenden Beklagten-Vorbringens (Bl 152 ff. GA) unstreitig. Indes ist von dem Kläger nicht dargetan, dass die Inverkehrbringung eines mit der Thermofenster-Software ausgestatteten Fahrzeugs besonders verwerflich ist und damit eine objektiv sittenwidrige Schädigung darstellt. Denn anders als die Prüfstandbetrieb-Software dient die Thermofenster-Software nicht der manipulativen Überlistung des Kraftfahrtbundesamtes bei der Erlangung der erforderlichen Typengenehmigung (so schon der Senat in den Beschlüssen v. 22.07.2019 - 16 U 141/18 und v. 12.08.2019 - 16 U 25/19, beide n.v.). Der Einsatz der Thermofenster-Software zielt bereits nicht auf die Abweichungen der Werte des Prüf- zu denen des Fahrbetriebes ab und wird - zumindest auch - mit dem Motor- bzw. Bauteilschutz gerechtfertigt (vgl. auch Beschluss des 3. Zivilsenates des OLG Köln vom 04.07.2019 - 3 U 148/18 = BeckRS 2019, 15640).

(b) Abgesehen davon würde ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 826 BGB auch deshalb ausscheiden, weil er nicht schlüssig vorgetragen hat, dass der Beklagten der Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens gemäß § 31 BGB zuzurechnen wäre.

Unstreitig ist die Beklagte lediglich Herstellerin des streitgegenständlichen Porsche-Kraftfahrzeuges, während der in diesem verbaute Motor von Audi entwickelt und hergestellt wurde. Für die nach § 31 BGB erforderliche Zurechnung von Kenntnissen über die Motorsteuerungssoftware auf die in Anspruch genommene Beklagte als Herstellerin des streitgegenständlichen Kraftfahrzeuges fehlt es aber an einem ausreichenden Vortrag des darlegungsbelasteten Klägerin.

Bei der Anwendung von § 826 BGB ist Voraussetzung für die Zurechnung, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten im Sinne von § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand dieser Anspruchsgrundlage verwirklicht hat (vgl. hierzu insbesondere das Grundsatzurteil des BGH v. 30.07.2020, a.a.O., Rz. 29 ff.; aber auch BGH, Urt. v. 28.06.2016 - VI ZR 536/15 = NJW 2017, 250 ff.). Um die Voraussetzungen des für § 826 BGB charakteristischen moralischen Unwerturteils als erfüllt betrachten zu können, bedarf es der Feststellung, dass die grundlegende strategische Entscheidung in Bezug auf den Einsatz des mit einer unzulässigen Software versehenen Audi-Motors in die von ihr hergestellten Porsche-Fahrzeuge von den im Hause der Beklagten verantwortlichen Personen wenn nicht selbst, so zumindest mit ihrer Kenntnis und Billigung getroffen bzw. jahrelang umgesetzt worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 30.07....

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