Tenor

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, unverzüglich schriftlich gegenüber dem Gerichtsvollzieher C mit Amtssitz in Brüssel klarzustellen, dass - entgegen der mit Verfügung vom 08.03.2017 übersandten Zustellungsbescheinigung vom gleichen Tag und der darin unter Ziffer 12.3 enthaltenen Erklärung - den Schriftstücken, die auf sein Ersuchen vom 17.02.2017 hin der Antragstellerin zugestellt worden sind, das Formblatt in Anhang II zur Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates nicht beigefügt war und die Antragstellerin damit unter Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 dieser Verordnung über ihr Annahmeverweigerungsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist.

Im Übrigen werden die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Gegenstandswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und die Europäische Union, vertreten durch die Europäische Kommission, sind Beteiligte eines zivilgerichtlichen Verfahrens in Belgien, das in zweiter Instanz vor dem Cour d'appel in Lüttich unter dem Aktenzeichen 2015/RG/773 anhängig war und in dem am 17.11.2016 ein Urteil ergangen ist.

Auf Antrag der Europäischen Union, vertreten durch die Europäische Kommission, übersandte der Gerichtsvollzieher C mit Amtssitz in Brüssel, vertreten durch die stellvertretende Gerichtsvollzieherin C2, am 17.02.2017 u.a. einen in deutscher Sprache abgefassten "Antrag auf Zustellung von Schriftstücken" gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29.05.2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (im Folgenden: EuZustVO 2000) auf dem im Anhang zu dieser Verordnung enthaltenen Formblatt an das Amtsgericht Bonn, das unter Ziffer 2. auch als Empfangsstelle benannt war (Bl. 8 ff. AH). Vorangestellt war der fettgedruckte Zusatz: "Bitte kontrolieren Sie die Adressen vor dem Zustellung!!!". Als Anschrift der Antragstellerin war unter Ziffer 4. angegeben: "Tstraße 25" in "E". Um Zustellung einer Abschrift der vollstreckbaren Ausfertigung des vorgenannten Urteils in niederländischer Sprache sowie einer deutschen Übersetzung gemäß den Rechtsvorschriften des Empfangsstaates (vgl. Ziffern 5. und 6.) wurde gebeten.

Zugleich wurde von ihm eine Urkunde mit Datum vom 17.02.2017 (Bl. 4 f. AH) errichtet, in der es ausweislich der vorgelegten deutschen Übersetzung unter A) heißt:

"Um die Empfängerin mit Wohnsitz in Deutschland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, hiervon in Kenntnis zu setzen, hat die Unterzeichnete außerdem - nach Maßgabe von Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten - heute beim Postamt Brüssel zwei Ausfertigungen dieser Urkunde mit den darin genannten Schriftstücken und einer deutschen Übersetzung sowie einem in deutscher Sprache ausgefüllten Antragsformular als eingeschriebenen Brief und als Einschreiben mit Rückschein aufgegeben an das

Amtsgericht Bonn

Wilhelmstraße 23

53111 Bonn

Deutschland

mit dem Ersuchen

a) den Antrag auf Zustellung dieser Urkunde gemäß Artikel 3 Unterabsatz 1 Buchstabe c der vorgenannten Verordnung an die zuständige Empfangsstelle weiterzuleiten,

b) der Empfängerin eine Abschrift dieser Urkunde sowie die darin erwähnten Schriftstücke gemäß Artikel 7 der vorgenannten Verordnung zuzustellen,

c) das Original der deutschen Zustellungsurkunde der Übermittlungsstelle in Belgien zu übersenden,

d) gemäß Artikel 10 der vorgenannten Verordnung eine Bescheinigung über die Zustellung auszustellen und eine Abschrift des zugestellten Schriftstücks beizufügen."

Der Antrag ging am 22.02.2017 beim Amtsgericht Bonn ein und erhielt das Aktenzeichen 35 AR 1037/17. Nachdem dort noch am gleichen Tag durch eine elektronische Anfrage beim Einwohnermeldeamt die auch in der vorgenannten Urkunde angegebene richtige Anschrift der Antragstellerin, nämlich Tstraße 25 in C3, ermittelt worden war (Bl. 4, 12 AH), wurde am 23.02.2017 die Zustellung der Schriftstücke mit der Post an die Antragstellerin verfügt, ohne dass das Formblatt beigefügt wurde, das in Anhang II zur Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (im Folgenden: EuZustVO 2007) enthalten ist (Bl. 11 AH). Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurden die Schriftstücke am 03.03.2017 in den zur Wohnung der Antragstellerin gehörenden Briefkasten eingelegt (Bl. 13 f. AH). Mit Verf...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge