Entscheidungsstichwort (Thema)

Tausch einzelner Räume des Sondereigentums

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass Wohnungseigentümer einzelne Räume ihres Sondereigentums von dem Einen auf den Anderen übertragen. Dazu bedarf es weder einer gleichzeitigen Änderung der jeweiligen Miteigentumsanteile noch einer Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer. Die Übertragung bedarf der Form des § 4 WEG i.V.m. §§ 873, 925, 311b BGB.

2. Die Geltendmachung eines Herausgabeanspruchs unter Berufung auf die Formunwirksamkeit der Übertragung kann gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn die Wohnungseigentümer sich in einem Tauschvertrag geeignet haben und eine Seite bereits im Einverständnis der Gegenseite bauliche Maßnahmen an dem getauschten Raum (hier: Kellerraum) vorgenommen hat.

 

Normenkette

WEG § 4

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 16.03.2005; Aktenzeichen 29 T 209/04)

AG Köln (Aktenzeichen 202 II 229/01)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 16.3.2005 - 29 T 209/04 - wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die Entscheidung des LG beruht im Ergebnis nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

Die Vorinstanzen haben einen Anspruch der Antragstellerin auf Herausgabe des Kellerraumes Nr. 4 als Kellerraum zu Recht verneint.

Dieser Kellerraum gehört zwar zum Sondereigentum der Antragstellerin. Der zwischen der Voreigentümerin der Antragstellerin, der Zeugin I, und den Antragsgegnern geschlossene Tauschvertrag vom 9.2.1989 ist formunwirksam und grundbuchmäßig nicht vollzogen worden. Die Übertragung der jeweiligen Kellerräume bedurfte der Form des § 4 WEG in Verbindung mit den §§ 873, 925, 313 BGB, die nicht eingehalten worden ist. Entgegen den Ausführungen des LG unterliegt es keinen rechtlichen Bedenken, wenn zwei Wohnungseigentümer einzelne Räume ihres Sondereigentums von dem Einen auf den Anderen übertragen. Dazu bedarf es weder einer gleichzeitigen Änderung der jeweiligen Miteigentumsanteile noch einer Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer (vgl. OLG Zweibrücken ZMR 2001, 663 f.; BayObLG ZMR 2000, 468 ff.; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 6 Rz. 4; Staudinger/Rapp, WEG, 13. Aufl., § 6 Rz. 19 ff., 21). Ist die Übertragung des Sondereigentums an einzelnen Räumen aber möglich, so ist die vom LG vorgenommene ergänzende Auslegung des Tauschvertrages in einen Mietvertrag nicht vertretbar. Die Parteien des Tauschvertrages wollten - wie die Aussage der Zeugin I ergeben hat - den Austausch des Sondereigentums und nicht die gegenseitige Überlassung der Räume lediglich zum Gebrauch.

An der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs (§ 985 BGB) ist die Antragstellerin jedoch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, weil ihr Begehren gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstößt. Die Antragstellerin hat mit dem Erwerb des Wohnungseigentums als Rechtsnachfolgerin von der Voreigentümerin mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen keine weitergehenden Rechte erhalten können, als der Voreigentümerin zuletzt zustanden (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 6.2.1998 - 16 Wx 333/97, OLGReport Köln 1998, 242 = NZM 1998, 872 f. m.w.N.).

Die Voreigentümerin, die Zeugin I, hat den Tauschvertrag mit den Antragsgegnern geschlossen, um diesen die bauliche Umgestaltung des Kellerraumes Nr. 4 zu Wohnzwecken zu ermöglichen. Die Umgestaltung des Kellerraums, die auch das Gemeinschaftseigentum betrifft und deshalb eine bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 2 WEG darstellt, ist nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen mit Einverständnis der Voreigentümerin erfolgt. Die von den Antragsgegnern vorgenommenen baulichen Maßnahmen waren deshalb nicht rechtswidrig. Bauliche Veränderungen bedürfen nur der Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer, die durch die beabsichtigte Maßnahme benachteiligt, d.h. in ihren Rechten betroffen werden, wobei die Zustimmung keiner Form bedarf. Die von den Antragsgegnern durchgeführten baulichen Maßnahmen konnten auch in der Folgezeit nach Eigentumserwerb durch die Antragstellerin nicht rechtswidrig werden, weil - wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben - die Antragstellerin als Sondernachfolgerin der Zeugin I an deren Zustimmung gebunden ist. Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 10 Abs. 3 WEG. Denn wenn zur rechtmäßigen Herstellung einer baulichen Veränderung anstatt eines förmlichen Versammlungsbeschlusses die formlose Zustimmung der nachteilig betroffenen Berechtigten genügt, dann kann die Fortdauer der Rechtmäßigkeit des neuen, möglicherweise mit erheblichem Kostenaufwand geschaffenen baulichen Zustandes im Verhältnis zum Sondernachfolger eines Berechtigten billigerweise nicht von einer zusätzlichen förmlichen Beschlussfass...

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