Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe; Vergütungsfestsetzung; Geschäftsgebühr; Anrechnung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Hinblick auf den in § 15a RVG lediglich ergänzend zum bereits geltenden Recht zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willen kann die Staatskasse auch in sog. Altfällen im Vergütungsfestsetzungsverfahren eine entstandene Geschäftsgebühr nach Maßgabe der Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV nicht anteilig auf die Verfahrensgebühr anrechnen, sofern der beigeordnete PKH-Anwalt keine Zahlung auf die Geschäftsgebühr erhalten hat.

 

Normenkette

RVG §§ 15a, 55; RVG-VV Vorbemerkung 3 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 30 O 226/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss der Einzelrichterin aufgehoben.

Auf die Erinnerung wird der Beschluss des Rechtspflegers vom 17.4.2009 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die dem Rechtsanwalt Christoph C. aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren- und Auslagenvorschüsse werden auf 628,68 EUR festgesetzt.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 301,25 EUR (628,68 EUR - 327,43 EUR)

 

Gründe

Die gem. § 56 RVG statthafte und auch im Übrigen verfahrensrechtlich unbedenkliche Beschwerde des den Klägern durch Beschluss des Einzelrichters der 30. Zivilkammer des LG Köln vom 27.12.2007 (30 O 226/07) im Rahmen der Bewilligung der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts C. hat auch in der Sache selbst Erfolg. Entgegen der dem angefochtenen Beschluss ebenso wie der vorangegangenen Nichtabhilfeentscheidung des Rechtspflegers vom 17.7.2009 im Verfahren über die Erinnerung zugrunde liegenden, auch vom Bezirksrevisor geteilten Auffassung ist im vorliegenden Fall für die Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr Nr. 2300 RVG-VV auf den mit Schriftsatz vom 22.10.2008 (Bl. 115 GA) gem. § 55 RVG angemeldeten Kostenvorschuss nach Maßgabe der Anrechnungsvorschrift in Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 RVG-VV kein Raum.

Mit Recht ist der Rechtspfleger zunächst davon ausgegangen, dass der vorbezeichnete Festsetzungsantrag vom 22.10.2008 entgegen der unrichtigen Bezeichnung ("1,3 Gebühr gem. Nr. 2300 RVG-VV") tatsächlich eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV zum Gegenstand hat. Sowohl dem Rechtspfleger als auch dem Bezirksrevisor in dessen Stellungnahme vom 4.6.2009 (Bl. 14 PKH-Heft) ist weiter im Ansatz auch dahingehend zu folgen, dass - auf der Grundlage der bisherigen "Anrechnungs-Rechtsprechung" des BGH (vgl. grundlegend BGH NJW 2008, 1323) - die ganz überwiegende Mehrzahl der OLG davon ausgegangen ist, eine entstandene Geschäftsgebühr sei auch bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die im weiteren Verfahren angefallene Verfahrensgebühr grundsätzlich selbst dann anzurechnen, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt tatsächlich keine Leistungen auf die Geschäftsgebühr erhalten hat (zum Streitstand vgl. OLG Koblenz AGS 2009, 446, 447).

Für diese Betrachtungsweise ist aber jedenfalls nach Inkrafttreten von § 15a RVG am 5.8.2009 kein Raum mehr. Die Einschätzung der Einzelrichterin sowie des Rechtspflegers, § 15a RVG habe mit Rücksicht auf § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG (n.F.) für sog. Alt- oder Übergangsfälle keine Bedeutung, trifft nicht zu. Der Senat hat mit Beschl. v. 14.9.2009 - 17 W 195/09 - (juris; NJW-Spezial 2009, 651) zur Frage der Anwendung von § 15a RVG auf bei dessen Inkrafttreten noch nicht abgeschlossene Festsetzungsverfahren erstmals ausgeführt:

"Nach dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung des § 15a RVG ist das vom BGH bislang angenommene erweiterte Anrechnungsgebot aus Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV (vgl. etwa BGH NJW 2008, 1323) hinfällig geworden. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr hat auch in Altfällen nur nach Maßgabe von § 15a Abs. 2 RVG zu erfolgen (so im Ergebnis auch OLG Stuttgart Beschl. v. 11.8.2009 - 8 W 339/09 - juris; OLG Düsseldorf AGS 2009, 372; OVG NW Beschl. v. 4.8.2009 - 4 E 1609/08 - juris; LG Berlin AGS 2009, 367; AG Wesel AGS 2009, 312; Hansens RVGreport 2009, 306). Das Anrechnungsgebot erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf das Vergütungsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant, während sich ein Dritter nach den in § 15a Abs. 2 RVG aufgeführten Regelungsalternativen nur dann auf die Anrechnung berufen kann, wenn er in eigener Person als Schuldner/Erstattungspflichtiger sowohl für die Geschäftsgebühr als auch für die Verhandlungsgebühr zu betrachten ist.

Hierbei mag davon auszugehen sein, dass die gesetzliche Neuregelung des § 15a RVG eine der Übergangsvorschrift aus § 60 Abs. 1 RVG unterfallende Bestimmung beinhaltet. Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (vgl. OLG Frankfurt Beschl. v. 10.8.2009 - 12 W 91/09 - juris; KG Beschl. v. 13.8.2009 - 2 W 128/09 - juris; OLG Celle Beschl. v. 26.8.2009 - 2 W 240/09 - juris) hat dies aber nicht zur Folge, dass die bisherige Rechtsprechung des BGH in Altfällen fortzuführen wäre. Die nach dieser Auffassung maßgebliche formale Anknüpfung an die bloße Gesetzeschronolo...

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