Entscheidungsstichwort (Thema)
AGB-Kontrolle von Klauseln betreffend Ersatzzustellung von Paketen an Hausbewohner und Nachbarn
Leitsatz (amtlich)
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Paketbeförderers, wonach die Aushändigung von Sendungen u.a. an Hausbewohner und Nachbarn für zulässig erklärt wird, beeinträchtigt den Vertragspartner des Verwenders unangemessen, wenn sie keine rechtliche Verpflichtung des Verwenders enthält, den Empfänger über die erfolgte Ersatzzustellung zu benachrichtigen.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
1.) Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.8.2010 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des LG Köln - 26 O 260/08 - abgeändert:
a) Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft zu unterlassen, die nachfolgenden oder diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Bezug auf Beförderungsverträge zu verwenden, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):
"4 Leistungen der DHL
(3) DHL darf Sendungen, die nicht in der in Abs. 2 genannten Weise abgeliefert werden können, einem Ersatzempfänger aushändigen. Dies gilt nicht für Sendungen mit dem Service "Eigenhändig", Express-Sendungen mit dem Service "Transportversicherung 25.000 EUR.
Ersatzempfänger sind
1. Angehörige des Empfängers oder des Ehegatten, oder
2. andere, in den Räumen des Empfängers anwesende Personen, sowie dessen Hausbewohner und Nachbarn, sofern den Umständen nach angenommen werden kann, dass sie zur Annahme der Sendung berechtigt sind; EXPRESS BRIEFE werden nicht an Hausbewohner und Nachbarn ausgehändigt."
wenn dies geschieht wie in dem auf den nachfolgenden Seiten wiedergegebenen Klauselwerk:
b) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.8.2008 zu zahlen.
2.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 30.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Vollstreckung des Kostenausspruchs kann die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.) Die Revision wird nicht zugelassen.
(Abbildungen entfernt)
Gründe
I. Der Kläger ist ein Verbraucherverband und als qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 4 UKlaG anerkannt. Die Beklagte bietet die Beförderung von Paketen und Express-Sendungen an. Hierzu verwendet sie Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zur Regelung einer Ersatzzustellung die nachstehend wiedergegebene Klausel enthalten:
(3) DHL darf Sendungen, die nicht in der in Abs. 2 genannten Weise abgeliefert werden können, einem Ersatzempfänger aushändigen. Dies gilt nicht für Sendungen mit dem Service "Eigenhändig", Express-Sendungen mit dem Service "Transportversicherung 25.000 EUR.
Ersatzempfänger sind
1. Angehörige des Empfängers oder des Ehegatten, oder
2. andere, in den Räumen des Empfängers anwesende Personen, sowie dessen Hausbewohner und Nachbarn, sofern den Umständen nach angenommen werden kann, dass sie zur Annahme der Sendung berechtigt sind; EXPRESS BRIEFE werden nicht an Hausbewohner und Nachbarn ausgehändigt.
Der Kläger sieht in dieser Regelung, soweit die Aushändigung einer Sendung an Hausbewohner und Nachbarn betroffen ist, einen Verstoß gegen § 307 BGB. Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen vom LG abgewiesenen Antrag weiter, der Beklagten die Verwendung dieser Klausel zu untersagen und diese zur Zahlung einer Abmahnkostenpauschale zu verurteilen. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die von den Parteien eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die Berufung hat in vollem Umfang Erfolg.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der fraglichen Klausel gem. §§ 1, 3 Abs. 1 UKlaG zu, denn die Klausel verstößt gegen § 307 BGB.
a) Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG ausgeführt, dass die Beklagte die Klausel auch gegenüber Verbrauchern verwendet (was auch in der Berufungsinstanz von der Beklagten nicht mehr in Abrede gestellt wird) und dass für die Prüfung der Angemessenheit der Klausel (auch) auf die Interessen des Empfängers einer Sendung abzustellen ist. Der Senat nimmt insoweit auf die angefochtene Entscheidung Bezug. Die bei der AGB-rechtlichen Prüfung maßgeblichen Interessen des Versenders al...