Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 21 O 155/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 23.07.2019 (21 O 155/19) teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - wie folgt - neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.750,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 03.01.2019 Zug um Zug gegen Übereignung des Kraftfahrzeugs des Typs VW A 2.0 TDI mit der FIN B zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger erwarb am 30.08.2013 von einem Kraftfahrzeughändler ein Fahrzeug des Typs VW A 2.0 TDI der Beklagten zu einem Kaufpreis in Höhe von 31.000,00 EUR.
In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs EA 189 (EU5) verbaut, der von der Beklagten hergestellt und in diversen Fahrzeugen verwendet wurde. Die Steuerung des Motors war mit einer Software ausgestattet, die anhand des Fahrverhaltens erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im "realen" Fahrbetrieb befindet. Die Software war so programmiert, dass sie zwei unterschiedliche Betriebsmodi für die Steuerung der Abgasrückführung aufwies. In dem im Hinblick auf den Stickoxidausstoß optimierten sog. "Modus 1", welcher beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus (nachfolgend: NEFZ), dem für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen Prüfverfahren, automatisch von der Motorsteuerung aktiviert wird, kam es zu einer höheren Abgasrückführungsrate, was zu einer Einhaltung der gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen führte. Unter realen, im normalen Straßenverkehr vorzufindenden Fahrbedingungen war hingegen der sog. "Modus 0" aktiv mit einer geringeren Abgasrückführungsrate und entsprechend höheren Stickoxidemissionen. Fahrzeuge mit diesem Motor wurden im Oktober 2015 vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zurückgerufen. Seitens der Beklagten wurden für die einzelnen betroffenen Fahrzeugtypen Software-Updates entwickelt und vom KBA genehmigt.
Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung, die er auf der Grundlage einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 250.000 km berechnet, sowie Deliktszinsen gemäß § 849 BGB Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs begehrt.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 17.750,00 EUR abzüglich einer weiteren Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,12 EUR für jeden bis zur Rückgabe des Fahrzeugs gemäß Tachostand gefahrenen Kilometer, der über 110.415 km hinausgehe, und zuzüglich Deliktszinsen gemäß § 849 BGB und Verzugszinsen Zug und Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verurteilt. Wegen der (weiteren) Feststellungen des Landgerichts, der in erster Instanz gestellten Anträge sowie der Begründung der Entscheidung wird auf eben diese Bezug genommen (Bl. 178 ff. d.A.).
Hiergegen hat die Beklagte form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und begründet. Wegen der Einzelheiten wird auf ihre Berufungsbegründung vom 22.10.2019 (Bl. 229 ff. GA) verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das am 23.07.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Köln, Az. 21 O 155/19, im Umfang ihrer Beschwer abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Fahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeuges hat unstreitig zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung 119.536 km betragen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur insoweit Erfolg, als die Beklagte keine Deliktszinsen gemäß § 849 BGB schuldet.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des aufgewandten Kaufpreises abzüglich des Ersatzes für erlangte Gebrauchsvorteile Zug um Zug gegen Rückübereignung und Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Denn die Beklagte hat dem Kläger, wie bereits das Landgericht zutreffend dargelegt hat, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt.
a) Schädigungshandlung ist das Inverkehrbringen des mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik versehenen Motors bzw. mit dem Motor ausgestatteten Fahrzeuges.
aa) Mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeugs bringt der Hersteller jedenfalls konkludent zum Ausdruck, dass das Fahrzeug entsprechend seines objektiven Verwendungszwecks im Straßenverkehr eingesetzt werden darf, also über eine uneingeschr...