Entscheidungsstichwort (Thema)

"Smart-Cabrio Gewinnspiel": Werbeaktion für Vorratsgesellschaft mit Gewinnspiel für vermittelnde Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Koppelung eines Absatzgeschäfts mit einem Gewinnspiel ist für sich genommen nicht geeignet, die Entscheidungsfreiheit "sonstiger Marktteilnehmer" i.S.d. § 4 Nr. 1 UWG durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen.

2. Eine derartige Beeinträchtigung kann aber vorliegen, wenn die Teilnahme an dem Gewinnspiel für die Vermittlung des Absatzgeschäfts Personen angetragen wird, die - wie Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer - zu einer objektiven Beratung verpflichtet sind. Insoweit reicht die Gefahr aus, dass der Berater das Angebot eingehender als sonst prüft und ihm den Vorzug bei Gleichwertigkeit zu anderen Angeboten gibt. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Beratene von dem Gewinnspiel keine Kenntnis hat.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 4 Nr. 1, §§ 6, 11; BRAO §§ 43a, 49b; StBerG § 9; WiPrO § 55a

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 30.11.2005; Aktenzeichen 16 O 14/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.07.2009; Aktenzeichen I ZR 147/06)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.11.2005 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Bonn - 16 O 14/05 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des angefochtenen Urteils zu 1. lautet:

Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zum Betrag von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an dem Vorstandsvorsitzenden untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eine Werbeaktion für die Vermittlung von eigenen Angeboten oder Produkten, bei der eine Teilnahme an einem Gewinnspiel beworben wird, durchzuführen, die sich unter Anderem auch an Personen wendet, die die Interessen Dritter bei ihrer Entscheidung zu beachten haben, nämlich Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, wenn mit wörtlich oder inhaltsgleichen nachstehenden Ankündigungen:

"Die G-Winter-Aktion vom 15.11.2004 bis zum 28.2.2005

Große G-Vorratsgesellschaft mit kleinem Smart Cabrio?

Im oben genannten Zeitraum verschenkt die G AG unter allen Vermittlern (Anwaltskanzleien/Steuerberatern/Wirtschaftsprüfern, etc.) und allen Erwerbern einer "großen" G-Vorratsgesellschaft ein "kleines" Smart-Cabriolet. ...

Was müssen Sie dafür tun?

Bei der Vermittlung oder dem Erwerb einer G-Vorratsgesellschaft erhalten Sie alle Gesellschaftsunterlagen in einem G-Ordner "Firma, fertig, los". In jedem Gesellschaftsordner befindet sich während der G-Winteraktion ein Faxvordruck mit dem Namen der erworbenen Gesellschaft. Bitte schätzen Sie die Anzahl der Ordner, die in ein Smart-Cabrio ohne Insassen mit geschlossenem Verdeck passen, und teilen Sie uns Ihre Schätzung auf diesem Faxdokument mit ...".

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 5.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Parteien können die Vollstreckung des jeweils gegen sie gerichteten Kostenerstattungsanspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 7.3.2006 auf 10.189 EUR für die Zeit bis zur Teilklagerücknahme am 9.6.2006 und auf 5.189 EUR für die Zeit danach festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Werbeaktion, mit der die Beklagte demjenigen "unter allen Vermittlern (Anwaltskanzleien/Steuerberatern/Wirtschaftsprüfern, etc.) und allen Erwerbern einer "großen" G.-Vorratsgesellschaft", der im Aktionszeitraum die beste Schätzung abgibt, wie viele der bei der Vermittlung oder dem Erwerb versandten Gesellschaftsordner in ein Smart-Cabrio ohne Insassen mit verschlossenem Verdeck passen, ein Smart-Cabriolet verspricht. Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Der Kläger hält diese Werbeaktion gem. §§ 3, 4 Nrn. 1 und 11 UWG für wettbewerbswidrig, soweit sich das Angebot an die Vermittler richtet, weil die Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Vermittler sich bei der Auswahl der Gesellschaft, die sie ihrem Mandanten empfehlen, auch von der Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel und dem in Aussicht gestellten Gewinn leiten ließen und Zuwiderhandlungen gegen §§ 43a und 49b BRAO, § 55a WiPrO und § 9 StBerG zu besorgen seien.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Vermeidung ...

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