Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 26.05.2011; Aktenzeichen 31 O 424/09)

 

Tenor

  • 1.)

    Die Beschwerde der Beklagten gegen den Berichtigungsbeschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27.7.2011 betreffend das Urteil vom 26.5.2011 - 31 O 424/09 - wird zurückgewiesen.

  • 2.)

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26.5.2011 - 31 O 424/09 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27.7.2011 wird zurückgewiesen.

  • 3.)

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

  • 4.)

    Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 €, des Auskunftsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € und des Kostenanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung des Kostenanspruchs Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages und im Übrigen eine Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

  • 5.)

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien sind pharmazeutische Unternehmen. Sie vertreiben jeweils chemisch weitgehend identisch zusammengesetzte Darmreinigungspräparate zur Vorbereitung einer Koloskopie (Darmspiegelung). Das von der Beklagten seit Mai 2005 angebotene Mittel "Globance-Lavage" enthielt als wirksame Bestandteile zunächst 52,5 g Macrogol 3350, 1,4 g Natriumchlorid, 0,715 g Natriumhydrogencarbonat und 0,185 g Kaliumchlorid. Seit 2007 enthält das Mittel 52,236 g Macrogol 3350, 1,4 g Natriumchlorid, 0,716 g Natriumhydrogencarbonat und 0,184 g Kaliumchlorid. Für die Wirkung des Mittels sind diese Veränderungen unerheblich. Das Mittel wird zur Anwendung in 3-4 Liter Wasser aufgelöst getrunken. Der Wirkstoff Macrogol bewirkt eine Vermehrung des Wasservolumens im Darmtrakt. Dadurch wird der vorhandene Stuhl hydratisiert und nimmt ebenfalls an Volumen zu; die Darmwand wird gedehnt und ein Defäkationsreflex ausgelöst, so dass der Darm erheblich beschleunigt entleert wird. Die in dem Mittel enthaltenen Elektrolyte dienen dazu, einen eventuellen Elektrolytverlust auszugleichen. Weitere Einzelheiten der Wirkweise des Mittels sind zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin vertreibt ihr Mittel "Endofalk" als Arzneimittel, die Beklagte "Globance Lavage" als Medizinprodukt. Sie ließ ihr Mittel durch die Fa. N. als Benannte Stelle nach dem MPG zertifizieren. Nachdem die Klägerin im Sommer 2005 das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. aufgefordert hatte, den Vertrieb von "Globance Lavage" zu unterbinden, weil es sich dabei um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handele, teilte das staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. der Beklagten mit Schreiben vom 27.3.2006 mit, sie habe das Mittel als Medizinprodukt eingestuft. Am 18.09.2006 teilte das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. mit, es prüfe nun, nachdem es das Mittel Anfang 2006 als Medizinprodukt eingestuft habe, ob dieses der Apothekenpflicht unterliege. Dies bejahte das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. in weiteren Schreiben.

Die Klägerin hält den Vertrieb von "Globance Lavage" für unzulässig, da das Mittel ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG sei. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, das streitgegenständliche Mittel in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist, und Auskunft, in welchem Umfang dies bisher geschehen ist; außerdem begehrt sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.

Das Landgericht hat unter Verwertung der Erkenntnisse aus einem früheren, ein vergleichbares Produkt betreffenden Verfahren ohne erneute Beweisaufnahme der Klage im Wesentlichen stattgegeben und sie lediglich hinsichtlich der Schadensersatzpflicht wegen Verjährung insoweit abgewiesen, als der Zeitraum vor dem 7.1.2009 betroffen ist. Im Unterlassungsausspruch hat das Landgericht den Anteil des Natriumhydrogencarbonat dem Antrag entsprechend mit 0,815 g oder 0,816 g angegeben. Dies hat das Landgericht nach § 319 ZPO durch Beschluss vom 27.7.2011 dahin berichtigt, dass dieser Anteil 0,185 g oder 0,184 g betrage.

Die Beklagte, die mit der Berufung ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, vertieft und ergänzt ihren erstinstanzlichen Vortrag und hat außerdem Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluss der Kammer eingelegt mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 319 ZPO für eine Urteilsberichtigung seien nicht erfüllt.

Zur Berufung trägt sie vor, § 21 AMG sei keine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Die dies annehmende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überschreite die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und sei daher verfassungswidrig.

"Globance Lavage" sei kein Arzneimittel. Hierfür fehle es an der "pharmakologischen" Wirkung des Mittels. Entscheidend sei allein die Hauptwirkweise des Mittels. Phar...

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