Leitsatz (amtlich)
Die Bezugnahme in der Klageschrift oder sonstigen anwaltlichen Schriftsätzen auf Unterlagen, insb. auf private oder anderen Verfahren erstattete Gutachten oder Vorbringen in anderen Verfahren ist nur dann unzulässig, wenn es dem Gericht überlassen wird, sich aus umfangreichen Unterlagen das herauszusuchen, was dem Begehren der jeweiligen Partei nützt, und es an einer geordneten Darstellung des Parteivorbringens fehlt. Danach kann die Bezugnahme auf ein in einem selbständigen Beweisverfahren erstattetes Gutachten ebenso ausreichen wie die Verweisung auf die in dem selbständigen Beweisverfahren eingereichten Schriftsätze, sofern diese den Anforderungen an eine geordnete Darstellung des Parteivorbringens genügen.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 16.10.2003; Aktenzeichen 21 O 242/03) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Köln vom 16.10.2003 (21 O 242/03) mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsstreits - an das LG verwiesen.
2. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagten 52.902,62 Euro nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 4.12.2002 zu zahlen.
3. Die gerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens werden nicht erhoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Durch Verträge vom 25./27.8. sowie 22.9.1997 beauftragten die Beklagten die Klägerin mit Heizungs- und Sanitärarbeiten. Mit der Klage verlangt die Klägerin restlichen Werklohn i.H.v. 43.310,78 Euro. Die Beklagten haben sich mit der Rüge verteidigt, die Werkleistung weise erhebliche Mängel auf; insoweit haben sie auf das selbständige Beweisverfahren 21 OH 73/01 LG Köln Bezug genommen, dessen Akten Gegenstand der mündlichen Verhandlung des LG waren. Das LG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagten seien der Klageforderung trotz der ihnen in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweise nicht entgegentreten und hätten die ihnen eingeräumte Frist zur Stellungnahme ungenutzt verstreichen lassen; da das Beweisverfahren noch nicht abgeschlossen sei, könnten die dort erstatteten Gutachten im Prozess nicht verwertet werden.
Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung fort. Ferner beantragen sie, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LG zurückzuverweisen, sowie im Wege der Widerklage, die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagten 52.902,62 Euro nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 4.12.2003 zu zahlen. Als Begründung führen sie an, das Verfahren des LG sei fehlerhaft. Da im Termin vom 14.8.2003 die Akten des selbständigen Beweisverfahrens 21 OH 73/01 LG Köln vorgelegen hätten und zum Gegenstand zur mündlichen Verhandlung gemacht worden seien, habe dessen Inhalt für den vorliegenden Rechtsstreit berücksichtigt werden müssen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung und den Widerklageantrag zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Urteil des LG, die Schriftsätze der Parteien sowie die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen. Die Akten 21 OH 73/01 LG Köln waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II. Die Berufung ist zulässig und insofern begründet, als das landgerichtliche Urteil wegen eines Verfahrensmangels aufzuheben und die Sache an das LG zurückzuverweisen ist (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).
1. Das erstinstanzliche Verfahren leidet unter einem wesentlichen Mangel. Das LG hat zu Unrecht angenommen, die Beklagten seien der Klageforderung durch die Bezugnahme auf das laufende selbständige Beweisverfahren nicht in prozessual erheblicher Weise entgegengetreten. Zwar ist die Frage, inwieweit die Klageschrift bei sonstigen anwaltlichen Schriftsätzen auf Unterlagen, insb. auf Privatgutachten oder Vorbringen in anderen Verfahren, Bezug genommen werden darf, nicht ganz geklärt (vgl. Lange, NJW 1989, 438; Lüke in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 253 Rz. 29; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 253 Rz. 19 ff.; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 130 Rz. 2, § 253 Rz. 12a). Die Rechtsprechung sieht derartige Bezugnahmen aber nur dann als unzulässig an, wenn dem Gericht überlassen wird, sich aus umfangreichen Unterlagen das herauszusuchen, was dem Begehren der jeweiligen Partei nützt, und es an einer geordneten Darstellung des Parteivorbringens fehlt (vgl. OLG Köln v. 13.12.2002 - 19 U 224/01, OLGReport Köln 2003, 124; OLG Schleswig MDR 1976, 50 f.; OLG Düsseldorf v. 4.3.1993 - 18 U 191/92, MDR 1993, 798 = OLGReport Düsseldorf 1993, 311; LAG Köln, Urt. v. 21.11.1997 - 11 (13) Sa 845/97, Juris. Nr. KARE516540337; zum ganzen ferner OLG Düsseldorf v. 12.1.1996 - 7 U 22/95, OLGReport Düsseldorf 1996, 184 = MDR 1996, 415 f. sowie BVerfG v. 30.6.1994 - 1 BvR 2112/93, NJW 1994, 2683; NJW 2001, 1200 [1202]). Danach kann insb. die Bezugnahme auf ein in einem selbständigen Beweisverfahren erstattetes Gutachten als Pa...