Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Anspruch nach § 6 Abs. 3 VerpackV handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand als denjenigen auf Ersatz von Aufwendungen aus Geschäftsführung ohne Auftrag.
2. Eine Regelung des Inhalts, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, der anstelle des Betreibers des dualen Systems die diesem obliegende Entsorgung von PPK-Verkaufsverpackungen vornimmt oder bezahlt, nicht auf den Systembetreiber zurückgreifen kann, findet sich im Gesetz nicht. Ansprüche des Entsorgungsträgers gegen den Systembetreiber aus Geschäftsführung ohne Auftrag sind daher nicht ausgeschlossen. Die Zielrichtung der abfallrechtlichen Vorschriften (§ 1 KrW-/AbfG und § 1 Abs. 1 S. 1 VerpackV) spricht für eine Anwendung des § 679 BGB. Treuwidrig ist es allerdings, wenn der Entsorgungsträger die Absicht des Systembetreibers, die Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen mit Hilfe entsprechender Aufträge an Entsorgungsfirmen selbst vorzunehmen, vereitelt, um anschließend auf den Systembetreiber Rückgriff zu nehmen.
Normenkette
BGB § 679
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 15.12.2005; Aktenzeichen 22 O 134/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.12.2005 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des LG Köln - 22 O 134/05 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das LG hat der Klage stattgegeben mit der Begründung, der Kläger habe mit dem Einsammeln, Entsorgen und Wiederverwerten der lizenzierten Verpackungen ein fremdes Geschäft i.S.d. § 677 BGB geführt. Es handele sich um ein Geschäft der Beklagten, die sich gegenüber Herstellern und Vertreibern von Verkaufsverpackungen mit dem Grünen Punkt verpflichtet habe, diese entsprechend den Auflagen der Verpackungsverordnung zu entsorgen und der stofflichen Wiederverwertung zuzuführen. Unabhängig davon, ob der Kläger gem. § 15 AbfallG subsidiär zur Beklagten zur Entsorgung des lizenzierten PPK-Materials selbst verpflichtet gewesen sei, habe dies jedenfalls für ihn ein "auch - fremdes" Geschäft dargestellt. Ein Fremdgeschäftsführungswille sei gleichfalls gegeben; denn bei zugleich eigenen und fremden Geschäften werde der Wille, ein fremdes Geschäft mit zu besorgen, vermutet. Für eine Widerlegung dieser Vermutung bestünden im Streitfall keine Anhaltspunkte. Der Widerspruch der Beklagten gegen die Übernahme ihrer Aufgabe durch den Kläger bleibe nach § 679 BGB unbeachtlich, da die Entsorgung und Weiterverwertung gebrauchter Verpackungen im öffentlichen Interesse liege. Bis zum heutigen Tage habe die Beklagte keine Verträge mit Subunternehmern geschlossen. Ihre Behauptung, der Kläger verhindere den Abschluss von Verträgen mit den Entsorgern, sei nicht hinreichend substantiiert. Eine Erstattung der Aufwendungen würde auch dann geschuldet, wenn eine vertragliche Vereinbarung hierüber wegen eines Verstoßes gegen § 1 GWB nichtig wäre. Die tatsächliche Übernahme der Materialien durch den Kläger sei kein wettbewerbsrechtlich relevantes Verhalten. Eine Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der Aufwendungen stehe nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen des § 1 GWB. Der Beklagten bleibe es unbenommen, nach Auftragserteilung an einen Subunternehmer diesen durch rückwirkende Übernahme ihrer Aufgaben nach § 6 Abs. 3 VerpackV zum Ausgleich der Leistungen an den Kläger bzw. nach einem Ausgleich durch sie - die Beklagte - an sich selbst zu verpflichten. Die Aufwendungen des Klägers entstammten auch nicht einer mit einem gesetzlichen Verbot belegten Tätigkeit, da das Einsammeln und Entsorgen der PPK-Verpackungen selbst nicht gesetzeswidrig sei.
Die Beklagte hat gegen das Urteil des LG form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese rechtzeitig begründet.
Sie macht geltend, ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag bestehe nicht, wenn der Geschäftsführer Tätigkeiten, für die der Geschäftsherr allein verantwortlich sei, gegen dessen ausdrücklich erklärten Willen vornehme, sofern der Widerspruch darauf beruhe, dass eine entsprechende Vereinbarung zwischen Geschäftsführung und Geschäftsherr gem. § 134 BGB nichtig wäre. Sie - die Beklagte - sei aus kartellrechtlichen Gründen daran gehindert, Entsorgungsverträge mit dem Kläger abzuschließen. Wenn sie andererseits dessen Tätigkeit dulden und dafür ein Entgelt zahlen müsse, auf dessen Höhe sie keinen Einfluss habe, bestehe ein eklatanter Widerspruch zwischen kartell- und verpackungsrechtlichen Vorgaben einerseits und zivilrechtlicher Beurteilung andererseits. Sie - die Beklagte - habe den Entsorgungsfirmen angeboten, für sie auf derselben Basis wie für den Kläger die Entsorgung und Verwertung der bei ihr lizenzier...