Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirbelsäulen-Operation; hier: Bandscheibenprothese als experimentelle Methode
Leitsatz (amtlich)
Die Implantation einer Bandscheibenprothese kann für das Jahr 2004 weder als experimentelle Operationsmethode noch als Behandlungsfehler angesehen werden.
Normenkette
BGB §§ 249, 280, 611, 823
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 22.12.2010; Aktenzeichen 9 O 470/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.12.2010 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Bonn - 9 O 470/09 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht das beklagte Klinikum vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt das beklagte Klinikum wegen des Vorwurfs ärztlicher Behandlungsfehler und Aufklärungsfehler auf Ersatz von materiellen und immateriellen Schäden in Anspruch.
Die Klägerin stellte sich erstmals am 10.11.2003 wegen lumbaler und cervikaler Beschwerden und Schmerzen in dem beklagten Klinikum vor. Es wurden Untersuchungen durchgeführt und eine Osteochondrose i.H.v. LWK 3/4 mit linksseitigen Spondylophyten sowie eine Lumboischialgie S 1 links bei einem kleinen subligamentären Bandscheibenvorfall diagnostiziert. Vom 13.11.2003 bis zum 22.11.2003 wurde die Klägerin stationär in dem beklagten Klinikum aufgenommen und konservativ behandelt. Vom 17.2.2004 bis zum 20.2.2004 fand ein weiterer stationärer Aufenthalt mit konservativer Therapie statt. Es wurde ein medio-lateraler Bandscheibenvorfall mit Nervenwurzelkompression i.H.v. LWK 5/SWK 1 festgestellt und der Klägerin wurde die Implantation eines Racz-Katheters empfohlen. Vom 8.3.2004 bis zum 17.3.2004 wurde die Klägerin erneut stationär aufgenommen und der Racz-Katheter implantiert. Es folgte ein weiterer stationärer Aufenthalt mit konservativem Therapieprogramm vom 22.4.2004 bis zum 29.4.2004. Nach zwischenzeitlicher ambulanter Weiterbehandlung erfolgte wegen Wiederauftretens bzw. Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik am 5.5.2004 eine erneute stationäre Aufnahme und es wurde die Indikation zur Implantation eines Bandscheibenersatzes gestellt. Die Operation wurde am 7.5.2004 durchgeführt. Dabei wurde der Klägerin i.H.v. LWK5/SWK1 eine Prodisc-L-Bandscheibenprothese implantiert. Am 21.5.2004 wurde die Klägerin in die ambulante Weiterbehandlung bzw. Reha-Weiterbehandlung entlassen. Am 13.9.2004 wurde sie erneut wegen Lumboischialgien in dem beklagten Klinikum stationär aufgenommen. Nach Durchführung einer Myelographie und eines Postmyelo-CT der Lendenwirbelsäule am 14.9.2004 diagnostizierten die behandelnden Ärzte u.a. eine vermehrte Aufklappbarkeit mit Ventralgleiten der Wirbelkörper LWK5/SWK1, ein Einbrechen der Prothese in den fünften Wirbelkörper sowie eine Pelottierung des Duralschlauches in den Segmenten L3/4, L4/5, L5/S1. Es wurde die Indikation zu einer dorsalen Nukleotomie mit Dekompression sowie einer dorsalen Spondylodese der Wirbelkörper LWK5/SWK1 mit Beckenkammspan gestellt. Die Nukleotomie-/Spondylodese-Opertaion erfolgte am 16.9.2004. Bei dieser Operation wurde die bei der Operation am 7.5.2004 eingesetzte Prodisc-L-Prothese nicht entfernt. Am 1.10.2004 wurde die Klägerin aus der stationären Behandlung entlassen. Es folgte noch ein weiterer stationärer Aufenthalt in dem beklagten Klinikum vom 15.9.2006 bis zum 22.9.2006 wegen akuter Lumboischialgien und Schwäche in den Beinen, in dessen Rahmen diagnostisch eine Materiallockerung und ein Materialbruch des eingebrachten Spondylodese-Materials ausgeschlossen wurden und eine konservative Therapie stattfand. Im weiteren Verlauf wurde im April 2008 bei einer Operation in dem SRH-Klinikum L die Bandscheibenprothese wieder entfernt und eine ventrale Spondylodese LWK5/SWK1 mit Implantation eines Harms-Titankörbchens mit Beckenkammspan-Einlage durchgeführt.
Die Klägerin hat behauptet, dass den Behandlern in dem beklagten Klinikum Behandlungsfehler unterlaufen seien, und dass sie vor den Operationen vom 7.5.2004 und vom 16.9.2004 nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Die bei der Operation am 7.5.2004 angewandte Operationsmethode und eingesetzte Bandscheiben-Prothetik hätten sich noch im Experimentierstadium befunden, worauf sie nicht hingewiesen worden sei. Ihr sei damit das wahre Risiko der Operation verheimlicht worden. Sie sei ohne ihr Wissen als "Probandin" missbraucht worden. Die Implantation der Prodisc-L-Bandscheiben-prothese sei medizinisch nicht indiziert gewesen. Vielmehr sei bereits zum damaligen Zeitpunkt eine Versteifung notwendig und unumgänglich gewesen. Im Rahmen der zweiten Operation vom 16.9.2004 hätte die Prothese zwingend wieder entfernt werden müssen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. das beklagte Klinikum zu verurteilen, an die Klägerin eine Verdienstausf...