Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 07.07.2011; Aktenzeichen 22 O 621/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 7.Juli 2011 - 22 O 621/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger macht die Rückzahlung eines 1.1.1999 geleisteten Anlagebetrages in Höhe von 16.200,00 DM geltend, mit dem er sich als Aktionär bei Beklagten, einer Aktiengesellschaft nach türkischem Recht, beteiligt hat. Der Kläger macht geltend, ihm sei durch Mitarbeiter der Beklagten in Köln vorsätzlich falsch versichert worden, er könne jederzeit auf Anforderung kurzfristig das eingezahlte Kapital zurück bekommen.

Im ersten Rechtszug hat der Vorsitzende der mit der Sache befassten Kammer des Landgerichts nach Eingang der Klageschrift in Zusammenhang mit der Zustellung nach § 183 ZPO durch Verfügung vom 5.1.2010 angeordnet, dass der Beklagten eine Notfrist von zwei Wochen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft gesetzt werde und dass sie innerhalb von zwei Wochen einen im Inland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen habe. Ferner hat der Vorsitzende auf die anderenfalls eintretenden Folgen hingewiesen. Daraufhin ist am 30.6.2010 die Zustellung der Klage an die Beklagte in der Türkei veranlasst worden. Nach dem Ablauf der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft hat das Landgericht am 31.8.2010 ein Versäumnisurteil erlassen, durch das die Beklagte dem Klageantrag entsprechend zur Zahlung von 8.292,93 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der streitgegenständlichen Aktien verurteilt worden ist. Die Einspruchsfrist hat das Landgericht auf drei Wochen festgesetzt. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils ist nach einem Vermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Bl.69-Rückseite d.A.) am 1.9.2010 zur Post aufgegeben worden. Auf Veranlassung der Klägerseite ist am 4.6.2011 erneut die Zustellung des mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Versäumnisurteils in der Türkei auf diplomatischem Weg erfolgt, woraufhin die Beklagte mit am 10.6.2011 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 9.6.2011 Einspruch eingelegt hat.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 7.7.2011 hat das Landgericht den Einspruch der Beklagten als unzulässig verworfen. Der im Juni 2011 eingelegte Einspruch sei verfristet. Die Zustellung sei durch Aufgabe des Versäumnisurteils zur Post im September 2010 bewirkt worden, und der Einspruch habe innerhalb der angeordneten Frist von drei Wochen erfolgen müssen. Auf die Ausführungen der Beklagten zur Zustellung in der Türkei komme es nicht an, weil es sich um eine Inlandszustellung handele.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer fristgerecht eingegangenen Berufung. Sie meint, die Zustellung durch Aufgabe zur Post verletze die Bestimmungen des Haager Zivilprozessabkommens, zu deren Mitgliedstaaten sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Türkische Republik gehören. § 184 ZPO sei zudem in seiner durch die deutschen Gerichte vertretenen Anwendung verfassungsrechtlich bedenklich. Zudem gehe die völkerrechtliche Bestimmung als lex specialis vor. Auch verletze die Anwendung der Norm in Deutschland das Gebot der Waffengleichheit aus Art. 6 EMRK. Hinzu komme, dass § 184 ZPO von der Klägerseite missbraucht werde, um zunächst die formelle Rechtskraft des Titels herbeizuführen und sodann eine nach türkischem Recht für die Vollstreckbarkeit erforderliche formelle Zustellung nachzuholen. Hinzu kämen schließlich Mängel der konkreten Zustellung: Es fehlten Gründe für die Ausübung des nach § 184 ZPO dem Gericht zukommenden Ermessens und es habe nicht die Kammer, sondern lediglich der Vorsitzende die Anordnungen vorgenommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 07.07.2011 - 22 O 621/09 - aufzuheben sowie das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und insbesondere das auf § 184 ZPO gestützte Vorgehen des Ausgangsgerichts.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und fristgerecht vollständig begründet worden. Sie hat in der Sache keinen Erfolg, weil das Landgericht die Voraussetzungen des § 341 Abs. 1 S. 1 ZPO zutreffend verneint und den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 7.7.2011 zu Recht als unzulässig verworfen hat.

1. Die seitens des Landgerichts im Versäumnisurteil auf drei Wochen ab Zustellung festgesetzte Rechtsbehelfsfrist war bereits verstrichen, als der Einspruch der Bekl...

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