Entscheidungsstichwort (Thema)
Bauvertragsrecht: Baugrundrisiko, Hinweispflicht, Beweislast
Normenkette
VOB/B § 4 Nr. 3, § 13 Nrn. 1, 3; BGB §§ 631, 633
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 21.06.2005; Aktenzeichen 87 O 86/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 21.6.2005 (87 O 86/03) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt abgeändert:
Die Klage ist dem Grunde nach zu 50 % begründet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich des Betrages des Anspruches und der Kostenentscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - wird das Verfahren an das LG zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit der Ausführung von Pfahlgründungsarbeiten an dem Bauvorhaben "Showroom/H Gebäude ..." auf dem sog. N Filmstudiogelände in J. Dem auf der Grundlage der VOB/B erteilten Auftrag lag ein Angebot der Beklagten vom 17.4.1998 zugrunde. Dieses Angebot stützte sich auf die der Beklagten übergebenen Pfahllasten und Bodenprofile. Bei seiner Abgabe lag der Beklagten das der Firma V von der Klägerin beauftragte Bodengutachten noch nicht vor. Sie vermerkte in ihrem Begleitschreiben:
"Unsere Angebote entwickeln sich durch den von Ihnen vorgegebenen Lastplan. Die vorliegenden Baugrundaufschlüsse sind mit dem Aufschluss der tragenden Bodenschichten nicht ausreichend. Wir empfehlen ergänzende Aufschlüsse durch Drucksondierungen und setzen entsprechend tragfähigen Baugrund entsprechend DIN 1043 bzw. DIN 4014 voraus."
Nach Erteilung des Auftrages erstellte die V am 27.4.1998 ihre gutachterliche Stellungnahme. Dabei war ihr bekannt, dass die Klägerin eine Tiefgründung des Gebäudes mit Verdrängungspfählen plante. Sie ermittelte im Show-Room-Bereich Auffüllungen von mindestens 16 m Mächtigkeit und führte aus:
"Bei der Aufschüttung kann es sich um eine ehemalige aufgefüllte Sand-Kiesgrube handeln. Die Grube ist in den untersuchten Bereichen zum größten Teil mit einem weichem bis breiigem Material (fettige Paste) aufgefüllt .... Am westlichen Rand der Grube und in den oberen Auffüllschichten sind Sandkies, bindiger Boden und Bauschutt durchbohrt worden."
Zu den Bodenkenngrößen und den bodenmechanischen Kennwerten enthält das Gutachten folgende Stellungnahme:
"Die Aufschüttung im Untersuchungsbereich ist bodenmechanisch ein inhomogen zusammengesetzter Boden, der zur Auffüllung der ehemaligen Kiesgrube eingebracht worden ist. Seine Tragfähigkeit bzw. Lagerungsdichte ist, laut durchgeführten Rammsondierungen, als sehr gering einzuschätzen (breiig bis weich, locker).
Nach DIN 18 300 ist der vorliegende Auffüllboden unter fließende, leicht bis schwer lösbare Bodenarten der Bodenklasse 2-5 einzustufen. In den aufgefüllten Horizonten wird groberer Bauschutt (Felsklasse 6) erwartet. Auf der ehemaligen Kiesgrubensohle sind Gesteinsblöcke oder grobe Betonbruchstücke, die der Felsklasse 7 einzuordnen sind, nicht auszuschließen.
Nach DIN 18 196 ist die angetroffene Auffüllung als bindiger bis grobkörniger bzw. gemischtkörniger Boden mit Kurzzeichen A zu klassifizieren.
Für solch inhomogen zusammengesetzte Böden kann gemäß bisherigem Untersuchungsumfang und den festgestellten Eigenschaften keine Bodenkenngrößen nach DIN 1055 angegeben werden."
In der Zusammenfassung der gutachterlichen Stellungnahme heißt es u.a.:
"Für die Errichtung der Gebäude in den tief aufgefüllten Grundstücksbereichen wird vom Unterzeichner eine Tiefgründung auf den tragfähigen Kiessand des Untergrundes empfohlen. Eine Einbindetiefe von mind. 0,5 bis 1 m im tragfähigem Untergrund ist bei den geplanten Verdrängungspfählen zu erreichen... .
Für die anstehenden Bodenlagen wurden die entsprechenden Bodenkenngrößen und die zulässigen Bodenpressungen in Abhängigkeit von der Fundamentform und -Größe bei einer Flachgründung ermittelt. Für eine Tiefgründung ist der Pfahlspitzenwiderstand für sehr dicht gelagerten Kiessanduntergrund nach DIN 4014 angegeben.
Entsprechend den durchgeführten Untersuchungen sind die anstehenden Bodenschichten als tragfähiger und unproblematischer Baugrund einzustufen. Die Gründung von tragenden Fundamenten mit hohen Belastungen sollte möglichst innerhalb der Kiessandschicht ausgeführt werden."
Der Leistungsbereich der Beklagten reichte bis zur Oberkante des jeweils zu erstellenden Betonpfahls. Das Köcherfundament wurde anschließend von der Klägerin aufbetoniert. Die ihr übertragenen Arbeiten ließ die Beklagte von der Streithelferin ausführen. Diese erstellte entsprechend den Bohrprotokollen in der Zeit vom 4.5. bis 8.5.1998 35 Pfähle her. Die Klägerin nahm das Werk ab. Anfang 2000 zeigten sich im Bereich der Stütze Achse D 6 Setzerscheinungen in der Weise, dass sich die Stütze von der Erdgeschossdecke zunehmend nach unten bewegte, was zu einem sich stetig vergrößernden Spalt zwischen Unterkante Erdgeschossdecke/Wandscheibe 1. Obergeschoss und Oberkante Stütze führte. Grund dafür war, dass der dortige Betonpfahl in einer Tiefe zwischen 3 m bis 3,30 m unterhalb...