Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbebetrieb. Unternehmenspersönlichkeitsrecht
Leitsatz (amtlich)
Unterlassungsrechteschutz ggü. der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" bezogen auf Produkte eines in diesem Marktsegment größeren Unternehmens in Presseerklärungen und in verschiedenen Kampagnen.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 824; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 24.05.2006; Aktenzeichen 28 O 358/05) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24.5.2006 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 358/05 - teilweise abgeändert und die Klage (insgesamt) abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzenzüge trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in der Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in der Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist die Konzernobergesellschaft einer international tätigen Unternehmensgruppe für Milch- und Molkereiprodukte, die sie u.a. unter den Marken "N.", "X.", "T." und "M." vertreibt. Außerdem bringt sie in Lizenz das Produkt "O." in Verkehr. Die zum Konzernverband der Klägerin gehörenden Unternehmen verarbeiten in ihren Produkten Milch, die von Kühen stammt, die auch gentechnisch veränderte Futtermittel, insb. gentechnisch veränderten Mais erhalten haben.
Der Beklagte befasst sich u.a. mit Umwelt- und Tierschutz sowie der Aufklärung der Verbraucher. Einen Schwerpunkt seiner Aktivitäten sieht der Beklagte u.a. in der Aufklärung über Gefahren und Risiken des Einsatzes gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion. Seit Dezember 2003 vertreibt er zu diesem Zweck einen sog. Einkaufsratgeber "F. p. H.", in welchem er nach Warengruppen gestaffelt u.a. auflistet, welche Firmen garantieren, dass ihre Produkte keine tierischen Rohstoffe, wie beispielsweise Fleisch, Eier oder Milch, von Tieren erhalten, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert werden, und welche dies nicht tun. Die seit Mitte April 2004 in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft getretene EU-Verordnung zur Kennzeichnung, Zulassung und Rückverfolgbarkeit gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel sieht eine Pflicht zur Kennzeichnung der tierischen Produkte, wie beispielsweise Fleisch, Milch und Eier, deren Erzeugertiere gentechnisch verändertes Futter erhalten haben, nicht vor. Diesen Umstand hält der Beklagte für nicht tragbar, weil er mittelbar zu derzeit nicht überschaubaren Gefahren für Flora und Fauna einschließlich der Menschheit führe. Denn der Verbraucher lehne die Verwendung von Gentechnik in der Lebensmittelproduktion ganz überwiegend ab. Die Nichtkennzeichnung von tierischen Produkten, bei deren Herstellung gentechnisch veränderte Futtermittel verwendet worden seien, bedeute eine Verbraucherinformationslücke. Bei Aufklärung über die EU-Kennzeichnungsverordnung hinaus würden wesentliche Verbraucherkreise auf solche Produkte verzichten; über die marktwirtschaftlichen Grundsätze des Angebots und der Nachfrage wäre dem Anbau gentechnisch veränderter Futtermittel vielfach der Boden entzogen. Dieses seines Erachtens bestehende Defizit in der Verordnungslage und deren Umsetzung in der Praxis versucht der Beklagte dadurch auszugleichen, dass er an größere Unternehmen der Milchindustrie mit der Forderung herangetreten ist, ihren Milchlieferanten zur Auflage zu machen, gentechnisch veränderte Futtermittel nicht mehr zu verwenden. Diesem Begehren widersetzt sich die Klägerin bislang. Dies nahm der Beklagte zum Anlass, ab dem 28.4.2004 auf den von ihm betriebenen Internetseiten in diversen Beiträgen und bei verschiedenen öffentlichen Aktionen auf diesen Umstand unter Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" als Überschrift/Plakataufschrift mit konkretem Bezug auf die Klägerin hinzuweisen.
Wegen dieser Veröffentlichungen und Kampagnen des Beklagten nahm die Klägerin den Beklagten in der Vergangenheit bereits mehrfach auf Unterlassung in Anspruch, u.a. vor dem LG Köln zu den beiden nachstehend näher bezeichneten, zu Informationszwecken beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten einstweiligen Verfügungsverfahren:
In dem Verfahren 28 O 289/04 des LG Köln = 15 U 125/04 des OLG Köln (im Folgenden: 1. einstweiliges Verfügungsverfahren oder auch BA 125/04) beantragte die Klägerin (zu Ziff. I.1.) u.a. sinngemäß, dem Beklagten zu verbieten, im Hinblick auf ihre Produkte den Begriff "Gen-Milch" zu verwenden. Unter anderem bezogen auf diesen Antrag verurteilte das LG den Beklagten mit Urteil vom 23.6.2004 zur begehrten Unterlassung (Bl. 481 bis 494 BA 125/04). Bezogen auf diesen Antrag führte die Berufung des Beklagten zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung des Antrags auf ...