Entscheidungsstichwort (Thema)
Regressverzicht in der Feuerversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Grundsätze, die die Rspr. zum Regressverzicht eines Feuerversicherers ggü. einem Mieter aufgestellt hat, der einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat, gelten auch im Falle eines auf familiären Beziehungen beruhenden und auf langfristige Nutzung angelegten unentgeltlichen Nutzungsverhältnisses.
2. Hat der Mieter/Nutzer eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, die das Brandrisiko und damit den Regressanspruch des Sachversicherers abdeckt, so ist für die Annahme eines stillschweigenden Regressverzichts des Sachversicherers im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kein Raum.
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25.6.2003 verkündete Urteil der ersten Zivilkammer des LG Bonn – 1 O 6/03 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 49.729,97 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.10.2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I .Die Klägerin nimmt den Beklagten als Gebäudeversicherer einer Frau T. aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Beklagte (ein Bruder der Schwiegertochter der Versicherungsnehmerin) bewohnt Räume im Dachgeschoss von deren Haus F.-Straße 6 in N. Dort verursachte er am Nachmittag des 31.12.2001 einen Brandschaden, als er mit einem Stabfeuerzeug ein sog. „Räuchermännchen” entzünden wollte, das auf einer Fensterbank seiner Wohnung stand, und dabei mit der Flamme des Feuerzeuges an die Übergardine geriet, die sofort in Flammen aufging.
Die Klägerin hat den – von ihr regulierten – Schaden auf knapp 50.000 Euro beziffert (Bl. 2 d.A.). Sie verlangt von dem Beklagten, der haftpflichtversichert ist, insgesamt 49.729,97 Euro, nämlich Schadenbeseitungskosten, Mietausfall und Gutachterkosten ersetzt.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen in seinem Urteil wird Bezug genommen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre Rechte weiter. Sie macht geltend:
Der Beklagte sei nicht Mieter der Versicherungsnehmerin gewesen und hafte schon deshalb für jegliches Verschulden (Berufungsbegründung Seite 3, Bl. 186 d.A.). Dies müsse – selbst bei Annahme eines Mietverhältnisses – auch deshalb gelten, weil der Beklagte haftpflichtversichert sei und sein Versicherungsvertrag den Ersatz der in Rede stehenden Schäden umfasse (Seite 3 f., Bl. 186 f.). Im Übrigen hafte der Beklagte aber auch deshalb, weil ihm grobe Fahrlässigkeit anzulasten sei (Seite 5 ff., Bl. 188 ff.).
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichtes Bonn den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 49.729,97 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.10.2002 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Grobe Fahrlässigkeit liege nicht vor (Berufungserwiderung Seite 2 f., Bl. 209 f. d.A.). Die Haftpflichtversicherung sei für den Regressanspruch der Klägerin ohne rechtliche Bedeutung. Außerdem beanstandet der Beklagte die Höhe des geltend gemachten Anspruchs (Seite 4 f., Bl. 211 f.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Beklagten persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Außerdem wird ergänzend auf die Akte 63 Js 43/02 StA Bonn Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung, nicht jedoch einer Beweisaufnahme gewesen ist.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin Anspruch auf Schadenersatz in eingeklagter Höhe (§§ 823 Abs. 1 BGB, 67 Abs. 2 VVG).
A.1. Ein Anspruchsübergang nach § 67 Abs. 1 VVG kommt grundsätzlich in Betracht.
a) Der Beklagte als Nutzer der Dachgeschosswohnung der Versicherungsnehmerin der Klägerin, ist ebenso wenig wie ein Mieter (vgl. BGH v. 13.12.1995 – VIII ZR 41/95, BGHZ 131, 288 [291] = MDR 1996, 353 = NJW 1996, 715 f. = VersR 1996, 320 [321l. Sp.]; v. 8.11.2000 – IV ZR 298/99, BGHZ 145, 393 [395 f.] = MDR 2001, 272 = BGHReport 2001, 66 = VersR 2001, 94 [95] = NJW 2001, 1353 r. Sp.) in der Gebäudefeuerversicherung der Hauseigentümerin mitversichert, so dass insoweit der Übergang eines gegen ihn gerichteten Schadenersatzanspruchs der Hauseigentümerin auf den Versicherer, hier also die Klägerin, nicht ausgeschlossen ist.