Leitsatz (amtlich)

§ 661a BGB verstößt weder gegen das Rechtstaatsprinzip noch gegen das aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgende Übermaßgebot noch schließlich gegen das Verbot von Doppelbestrafungen und ist deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

BGB § 661a

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Aktenzeichen 15 C 223/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.9.2002 verkündete Urteil des AG Aachen – 15 C 223/02 – unter Zurückweisung der Berufung i.Ü. abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 4.090,40 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz, höchstens jedoch 9,26 %, seit dem 28.7.2001 zu zahlen. Wegen des weiter gehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreit – mit Ausnahme der Kosten der beim LG Aachen unter dem Aktenzeichen 7 S 394/02 eingelegten Berufung des Klägers – werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt die Einlösung einer sog. Gewinnzusage der Beklagten.

Die Beklagte mit Geschäftssitz in den Niederlanden betreibt einen Versandhandel und versucht Kunden mit Werbesendungen einschl. der Mitteilung, Gewinner eines jeweils näher bestimmten, nicht unerheblichen Bargeldpreises zu sein, zu einer Bestellung aus ihrem Warenangebot zu bewegen.

Der Kläger erhielt am 28.4.2001 mit einer solchen Werbesendung eine Gewinnmitteilung über 8.000 DM. Ihm wurde mitgeteilt, dass sein Name in einer Ziehung am 24.4.2001 gezogen und ihm ein Betrag von 8.000 DM zugeteilt worden sei. Dem Schreiben beigefügt war ein als „Testanforderung” bezeichnetes Bestellformular. In dem Anschreiben heißt es: „Schicken Sie jetzt Ihren Einlöse-Scheck und Ihre Spezialitäten-Test-Anforderung ein, damit wir die Gewinn-Auszahlung vollziehen können.” Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Beklagten nebst Anlagen (Bl. 8 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger klebte das Gewinnsiegel auf den Einlösescheck und schickte diesen zusammen mit der Testanforderung an die Beklagte. Eine Bestellung nahm er nicht vor. Auf seine Aufforderung vom 13.7.2001, den Gewinn nunmehr auszuzahlen, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 23.7.2001 mit, dass die Zuteilung und Höhe der vergebenen Preis im Ermessen der Firma, also der Geschäftsleitung liege und diese noch keine Entscheidung getroffen habe.

Der Kläger verlangt die Zahlung des versprochenen Gewinns.

Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.090,40 Euro nebst 9,26 % Zinsen seit dem 28.7.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die internationale Zuständigkeit des AG Aachen gerügt.

Das AG hat durch das angefochtene Urteil die Klage als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei nicht gegeben.

Gegen dieses ihm am 4.10.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.10.2002 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des AG Aachen – 15 C 223/02 – vom 25.9.2002 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.090,40 Euro nebst 9,26 % Zinsen seit dem 28.7.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise das Urteil aufzuheben und die Sache an das AG Aachen zurückzuverweisen.

Sie wiederholt die Rüge der fehlenden internationalen Entscheidungszuständigkeit.

Zur Sache vertritt sie im Anschluss an einen Aufsatz von Schneider (BB 2002, 1653 ff.) die Ansicht, § 661a BGB sei insgesamt verfassungswidrig. Zudem ergebe sich aus dem Werbeschreiben aber auch kein Gewinnanspruch des Klägers. Er habe eine Bedingung für die Gewinnauszahlung – nämlich die Einsendung der Testanforderung – nicht erfüllt, da er nichts bestellt habe.

Schließlich sei ein etwaiges Gewinnversprechen auch nach § 118 BGB nichtig. Sie habe die Gewinnzusage nicht ernst gemeint und sei davon ausgegangen, dass der Mangel der Ernstlichkeit aufgrund der übertriebenen Schilderung der Gewinnziehung sowie des Umstands, dass es sich erkennbar um eine Massensendung gehandelt habe, vom Kläger nicht verkannt werde.

Wegen der Einzelheiten der Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Urkunden verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Das zulässige Rechtsmittel des Klägers ist – mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsen – begründet.

I. Die internationale und örtliche Zuständigkeit des AG Aachen sind gegeben.

1. Die internationale und örtliche Zuständigkeit des AG Aachen ergibt sich jedenfalls aus Art. 5 Nr. 3 der am 1.3.2002 in Kraft getretenen Verordnung des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO).

Der Senat ha...

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