Entscheidungsstichwort (Thema)
Jeanshose mit V-Naht II
Leitsatz (amtlich)
Auch im Modebereich können bestimmte Gestaltungselemente für sich oder in ihrer Kombination geeignet sein, auf die betriebliche Herkunft eines Kleidungsstücks hinzuweisen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine Gestaltung in ihrer Gesamtanmutung besonders ist, sich hinreichend vom wettbewerblichen Umfeld abhebt und sich trotz der Schnelllebigkeit von Mode im Bekleidungssektor bereits seit einem Jahrzehnt auf dem Markt hält und vom Verkehr wiedererkannt wird.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 3 a
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 84 O 250/18) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 84 O 250/18 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Sicherheit beträgt bzgl. des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs 15.000 EUR, im Übrigen für die Beklagte 110% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für die Klägerin 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten nur noch über Annexansprüche wegen unlauterer Nachahmung einer Jeans in drei Varianten (Ablichtungen auf Bl. 3, 4 und 6,7).
Die Klägerin behauptet, Alleinimporteurin und ausschließliche Vertriebsberechtigte in Deutschland für die Produkte der Marke Q. der K. S.p.A. aus Bologna/Italien zu sein. Sie behauptet, die Jeanshosen der Marke Q., die sich an die Zielgruppe "Trendy" der jungen 14-29-jährigen modebewussten Damen richte, würden von der K. hergestellt und in Deutschland in großen und bekannten Bekleidungsgeschäften wie Breuninger, Konen, Ludwig Beck, Engelhorn, Daniel's oder Leo's angeboten. Das erfolgreichste Modell P78A werde seit Frühjahr 2010 auf dem deutschen Markt angeboten. Weiter würden die Modelle P68C und P82D angeboten, die die charakteristischen Merkmale der P78A aufwiesen, wobei die P68C als SLIM-Modell und die P82D als MINI BAGGY-Modell ausgestaltet sei.
Die besondere Gestaltung ihrer Jeans beschreibt die Klägerin wie folgt:
- V-förmige Nähte auf der Vorderseite der Hosenbeine,
- nicht verdeckte Knopfleiste am Hosenschlitz,
- zwei fast parallel geschwungen Nähte an den Vordertaschen,
- Gesäßtaschen aus drei sich überlappenden Teilen,
- zwei Reihen Doppelnähte auf der Hosenrückseite.
Die Klägerin behauptet, sie habe in Deutschland das Modell P78A wie folgt vertrieben:
2010: ca. 2000 St. (geschätzt)
2011: ca. 4000 St. (geschätzt)
2012: über 26.000 St., Umsatz über 1 Mio. EUR
2013: über 195.000 St., Umsatz über 8 Mio. EUR
2014: über 407.000 St., Umsatz über 16 Mio. EUR
2015: über 308.000 St., Umsatz über 12 Mio. EUR
2016: über 215.000 St., Umsatz 8 Mio. EUR
2017: über 200.000 St., Umsatz über 7,7 Mio. EUR
2018: 140.000 St, Umsatz 5,2 Mio. EUR.
Weiter sei das Modell P68C mit den für die P78A charakteristischen Merkmalen seit Januar 2012 auf dem Markt und sei in der Zeit zwischen 2012 bis 2017 124.000mal verkauft und mit diesem Modell ein Umsatz von 5,1 Mio. EUR erzielt worden. In 2018 sei dieses Modell 14.000mal verkauft worden mit einem Umsatz von 550.000 EUR. Das Modell P82D sei im Zeitraum Dezember 2012 bis 2017 über 100.000mal verkauft worden mit einem Gesamtumsatz von 3,9 Mio. EUR, in 2018 10.000 mal bei einem Umsatz von über 380.000 EUR.
Ihre Jeanshosen hätten große Aufmerksamkeit erregt und seien in Modemagazinen erwähnt worden. Die Jeans würden umfangreich beworben.
Die Beklagte ist ein deutsches Bekleidungsunternehmen, welches ihre Waren unter der Marke I. vertreibt. Die im Tenor zu Ia abgebildete Hose "I. E. Skinny Jeans" ist im Dezember 2017 von der F. GmbH auf deren Internetseite angeboten worden. Nach erfolgloser Abmahnung hat die Klägerin am 10.1.2019 eine einstweilige Verfügung erwirkt (31 O 5/18). Die im Tenor zu Ib abgebildete Hose "I. Damen Jeans G. Slim Fit mit offener Knopfleiste" ist von dem Anbieter N. GmbH vertrieben worden, die am 2.2.2018 abgemahnt worden ist.
Am 27.2.2018 nahm die Beklagte Kontakt zur Klägerin auf und bekundete ihr Interesse an einer gütlichen Einigung. Beginnend mit dem 1.3.2018 und endend am 11.10.2018 entwickelte sich eine Korrespondenz (K 17, rop 1-5).
Am 24.10.2018 hat die Klägerin die vorliegende Klage eingereicht.
Die Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin Alleinimporteurin und ausschließlich Vertriebsberechtigte in Deutschland für Produkte der Marke Q. sei. Erstmals in der mündlichen Verhandlung am 11.9.2019 vor dem Landgericht hat die Beklagte auch bestritten, dass die K. Herstellerin der Jeans sei, auf deren Verletzung sich die Klägerin stützt. Bzgl. der im Nachgang zur ersten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vorgelegten Vertragsunterlagen hat sie vorsorglich bestritten, dass diese Vertragsunterlagen bereits vor Klageerhebung bestanden haben. Sie trügen keine Datumsangabe bei den Unterschriften. Auch beim aktu...