Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 9 O 558/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.3.2000 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Aachen – 9 O 558/99 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagten 6.900 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1.9.1999 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zu 25 % und den Beklagten zu 75 % zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung und die Widerklage sind begründet.
I. Nach dem im Berufungsrechtszug zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand und den hier getroffenen Feststellungen erweist sich die Klage als unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für den bestellten Heizungs-Komplettbausatz und den Saniplus-Komplettbausatz.
1. Allerdings darf das Vorbringen der Beklagten zu einer berechtigten Abstandnahme vom Vertrag wegen von der Klägerin zu vertretender Nichtlieferung gem. § 528 Abs. 3 ZPO nicht berücksichtigt werden.
Das LG hat dieses Vorbringen zu Recht nach § 296 ZPO als verspätet nicht zugelassen. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschrift lagen vor. Die Beklagten haben auf die Klage nicht innerhalb der vom Vorsitzenden gesetzten weiteren Frist von 2 Wochen, sondern mit mehr als einem Monat Verspätung durch einen 3 Tage vor dem Termin eingegangenen Schriftsatz erwidert. Eine Entschuldigung ist – trotz Hinweises im Termin – in erster Instanz nicht erfolgt; sie wird auch in zweiter Instanz nicht versucht. Die Berücksichtigung des Vortrags hätte den Rechtsstreit verzögert. Dabei ist unerheblich, dass in dem nachgelassenen Schriftsatz die Klägerin für ihren Vortrag keinen Beweis angeboten hatte. Sie hatte jedenfalls den Vortrag der Beklagten bestritten. Das LG hätte daher, da keine der Parteien Beweis angetreten hatte, deshalb jedenfalls die mündliche Verhandlung wieder eröffnen und beiden Parteien Gelegenheit zum Beweisantritt geben müssen.
2. Die Klägerin hat aber deshalb keinen Zahlungsanspruch, weil die Voraussetzungen für einen Widerruf des Geschäfts nach dem HaustürWG vorliegen.
a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HaustürWG wird eine auf den Abschluss eines Vertrags über eine entgeltliche Leistung gerichtete Willenserklärung, zu der der Erklärende (Kunde) durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung bestimmt worden ist, erst wirksam, wenn der Kunde sie nicht binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerruft. Unstreitig sind die hier in Frage stehenden Bestellungen in der Privatwohnung der Beklagten in Gegenwart des Verkaufsberaters der Klägerin, des Zeugen S., unterzeichnet worden.
b) Mangels Belehrung war der Widerruf noch in der Berufungsbegründung möglich (§ 2 Abs. 1 HaustürWG).
c) Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 HaustürWG besteht ein Recht auf Widerruf allerdings nicht, wenn im Fall von Absatz 1 Nr. 1 die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Abschluss des Vertrags beruht, auf vorhergehende Bestellung des Kunden geführt worden sind. Im Streitfall lässt sich indes nicht feststellen, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen.
(1) Ob bei der Bestellung von Waren eine „vorhergehende Bestellung des Kunden” anzunehmen ist, wenn der Kunde einen Vertreter des Gewerbetreibenden in seine Wohnung bestellt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH v. 1.3.1990 – VII ZR 159/89, BGHZ 110, 308,[310 ff.] = MDR 1990, 617 = NJW 1990, 1732 ff.; vgl. ferner NJW 1994, 3351 f.). Die Bestellung zu einer allgemeinen Informationserteilung oder zur Warenpräsentation erfüllt den Tatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 HaustürWG jedenfalls nicht, da die Vorschrift die Einladung zu einem Hausbesuch zur Führung von Vertragsverhandlungen voraus setzt (BGH v. 25.10.1989 – VIII ZR 345/88, BGHZ 109, 127 [132 ff.] = MDR 1990, 237 = NJW 1990, 181 ff.; OLG Düsseldorf, WM 1991, 1998, 2000; OLG München, WM 1991, 523 [524]; SchlHOLG, Urt. v. 20.8.1997– 12 U 36/96, OLGReport Schleswig 1997, 345; vgl. auch OLG Brandenburg, Urt. v. 17.6.1997– 6 U 302/96, OLGReport Brandenburg 1997, 309; KG v. 26.4.1996 – 21 U 8308/95, KGReport 1996, 157). Zutreffend stellt die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 15.8.2001 darauf ab, dass eine Bestellung zur Führung von Vertragsverhandlungen nur vorliegt, wenn die Waren und/oder Dienstleistungen, an deren Erwerb der Kunde interessiert ist, feststehen und aus der „Bestellung” des Kunden eindeutig dessen Interesse an einem Hausbesuch zwecks Verhandlungen über eine bestimmte Art von entgeltlichen Lieferungen und/oder Leistungen hervorgeht. Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen: § 1 HaustürWG dient dem Schutz des Kunden und soll ihn vor einem übereilten und unüberlegten Abschluss eines Geschäftes schützen, wenn ihm bei einem nicht bestellten Hausbesuch des Anbieters, der bei Geschäften dieser Art meist psychologisch besonders geschult ist, die für Ladengeschäfte typische Umkehr...