Entscheidungsstichwort (Thema)
Thermosteckverbinder
Leitsatz (amtlich)
An der wettbewerblichen Eigenart von Produkten kann es fehlen, wenn der Hersteller seine Erzeugnisse an verschiedene Unternehmen liefert, die sie unter eigener Kennzeichnung vertreiben, da die Ausgestaltung der Produkte dann nicht mehr geeignet ist, den Verkehr auf den Hersteller hinzuweisen. Dies kann der Fall sein, wenn die nachgeahmten Produkte im Rahmen des sog. "OEM" (original equipment manufacturer) - Geschäfts vertrieben werden (Fortführung von BGH GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 Tz. 25 f.).
Normenkette
UWG § 4 Nr. 9
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 28.03.2013; Aktenzeichen 81 O 123/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.3.2013 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 81 O 123/12 - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage mit dem Antrag zu II. als unzulässig abgewiesen wird.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin stellt seit Beginn der 1990er Jahre Thermostecker her und vertreibt sie ausschließlich an Großhändler und Erstausrüster (OEM), die die Stecker zur Herstellung von Thermoelementen und Messgeräten verwenden, und die jeweils über besondere fachliche Kenntnisse verfügen. In Deutschland umfasst der Kundenkreis der Klägerin etwa 15 bis 20 Kunden, bei denen es sich um Thermoelement- und Instrumentenhersteller handelt.
Auf ihrer Internetseite stellt die Klägerin ihr Geschäftsmodell wie folgt dar:
"I [die Klägerin] verkauft seine Produkte ausschließlich an 'OEM'-Kunden z.B. Hersteller von Temperatursensoren, Komponentengroßhändler oder Instrumentenhersteller. Dies bedeutet, dass wir keine eigenen Verkaufsvertretungen unterhalten. I verkauft und produziert keine Temperatursensoren, Messgeräte oder Leitungen, so dass wir niemals mit unseren eigenen Kunden in eine Wettbewerbssituation geraten können. Ebenfalls annonciert I nicht unter eigenem Namen und nimmt auch nicht an Ausstellungen und Messen teil. Es ist sogar möglich, die Steckverbinder mit einem eigenen Firmennamen oder Logo zu versehen."
Thermosteckverbindungen werden in der Industrie zur Temperaturmessung genutzt, u.a. in der Automobilindustrie. Die Thermostecker werden mit Thermoelementen zur Temperaturmessung verbunden. Sie werden je nach Temperaturbereich farblich unterschiedlich gekennzeichnet.
Die Beklagte ist Tochterunternehmen der britischen U, die seit etwa 40 Jahren am Markt tätig ist, seit etwa 20 Jahren von der Klägerin beliefert wird und die Thermostecker - neben den Produkten anderer Hersteller - weitervertreibt. Die U war zu Beginn 2012 der wichtigste Kunde der Klägerin. Bei den Kunden der Beklagten handelt es sich nicht um OEM-Hersteller oder Massenabnehmer; die Beklagte vertreibt die Steckverbinder üblicherweise als Komponenten bestimmter Lösungen in geringen Stückzahlen. Sie verfügt aus der Lieferbeziehung noch über Vorräte von Produkten der Klägerin.
Die Abnahme von Produkten der Klägerin durch die U und die Beklagte ging nachhaltig zurück, nachdem die U eigene Produkte herstellte, die die Beklagte vertreibt, darunter die nachfolgend dargestellten Steckverbindungen:
((Abbildungen entfernt))
Im Jahr 2012 gab es weitere fünf größere Hersteller von Thermosteckverbindungen, nämlich P., N, I2, M und U2 GmbH. Bis auf die Firmen P und U2 werden die Produkte nicht mit Herstellerkennzeichnungen versehen. Dies gilt auch für die Produkte der Klägerin und für die von der Beklagten vertriebenen Produkte. Die Thermoverbindungen der Klägerin werden zu höheren Preisen vertrieben als die Konkurrenzprodukte.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die von der Beklagten vertriebenen Thermostecker seien identische Nachahmungen ihrer Produkte. Unstreitig sind die Produkte der Klägerin und die der Beklagten kompatibel. Die äußere Form sei bis auf nicht prägende Details identisch. Insbesondere sei das Gehäuse mit drei Aussparungen auf beiden Seiten als Rutschschutz sowie zwei Deckelschrauben bei dem Miniatur- und einer mittigen Deckelschraube bei dem Standardstecker kopiert. Die Beklagte habe auch ein Blindloch ohne Funktion bei dem Standardstecker in Hochtemperaturausführung kopiert. Die Beklagte verwende identische Schrauben. Auch weitere Details wie Material, Kodierung, Federkonstruktion, Design von Stiften und Einsätzen, Rändelhülsen, eine auf Kundenanforderung angebrachte Abschrägung bei der BV-Miniaturbuchse sowie eine spezielle Aushöhlung für den Klemmeinsatz seien übernommen worden.
Die Klägerin hat für die von ihr hergestellten Thermostecker einen hervorr...