Leitsatz (amtlich)

1. Gewährt der Versicherer dem Versicherungsnehmer im Rahmen einer bestehenden Betriebshaftpflichtversicherung nach Anhängigkeit einer Deckungsklage bei noch nicht rechtskräftig abgeschlossenem Haftpflichtprozess uneingeschränkt Versicherungsschutz i.S.v. Abwehrschutz, hat er damit seine Verpflichtung aus der Haftpflichtversicherung gemäß § 362 BGB zunächst erfüllt. Die Deckungsklage ist damit derzeit unbegründet.

2. In der vorbehaltslosen Gewährung von Abwehrschutz durch den Versicherer nach Anhängigkeit einer Deckungsklage liegt ein erledigendes Ereignis i.S.v. § 91a ZPO. Eine trotz gerichtlichen Hinweises erst nach der mündlichen Verhandlung im nicht nachgelassenen Schriftsatz erklärte Erledigung ist nicht mehr zu berücksichtigen, ebenso wenig besteht Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO.

3. Nach Erledigung des Rechtsstreits durch Gewährung von uneingeschränktem Abwehrschutz ist eine gleichwohl vom Versicherungsnehmer weiterverfolgte Klage auf Feststellung, dass der ihm zustehende Versicherungsschutz auch für einen im laufenden Haftpflichtprozess anhängigen Schadensersatzanspruch aus Pflichtverletzung besteht, gemäß § 256 I ZPO unzulässig.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 21.01.2016; Aktenzeichen 24 O 123/15)

 

Tenor

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 21.01.2016 verkündete Urteil des LG Köln - 24 O 123/15 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden der Klägerin auferlegt.

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.01.2016 verkündete Urteil des LG Köln - 24 O 123/15 - wird zurückgewiesen.

Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Versicherungsschutz aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Betriebshaftpflichtvertrag Nr. DE0000020LI03A für die Bauarbeitsgemeinschaft Baugrube DKÖ Düsseldorf wegen ihrer Inanspruchnahme durch die Fa. P GmbH - im Folgenden Fa. P- in dem noch anhängigen Rechtsstreit vor dem LG Köln, Az. 18 O 16/14, gemäß Klageschrift vom 04.10.2013.

Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin war seit vielen Jahren und so auch im Jahr 2003 der Betriebshaftpflichtversicherer der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin. Dem Versicherungsverhältnis, das zum 01.01.2016 endete, lagen auch für das Jahr 2003 die im Versicherungsvertrag Nr. DE0000020LI03A genannten Versicherungsbedingungen zugrunde, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf den Versicherungsschein, Anl. K 1 Anlagenheft, verwiesen wird. Darin war in Teil II Ziffer 4. - "Teilnahme an Arbeits- und Liefergemeinschaften" - u.a. folgendes geregelt:

"Für Haftpflichtansprüche aus der Teilnahme an Arbeits- und Liefergemeinschaften gelten, unbeschadet der sonstigen Vertragsbedingungen (insb. der Deckungssumme), folgende Bestimmungen:...

4.4 Nicht versichert sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden an den von den einzelnen Partnern in die Arbeitsgemeinschaft eingebrachten oder von der Arbeitsgemeinschaft beschafften Sachen, gleichgültig, von wem die Schäden verursacht wurden.

4.5 Ebenso bleiben ausgeschlossen Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt."

Am 17.09.2002 schlossen die Klägerin und die Fa. P einen Vertrag über eine Dacharbeitsgemeinschaft mit der Bezeichnung "ARGE" - im folgenden ARGE -, an der die Klägerin mehrheitlich beteiligt und deren technische und kaufmännische Geschäftsführerin sie war. Zweck der ARGE war die gemeinsame Durchführung von Spezialtiefbau- und Abbrucharbeiten im Rahmen eines Bauvorhabens des Hotels I in D. (Bauprojekt "I. D").

Die ARGE schloss am 23./26.08.2002 einen entsprechenden Werkvertrag mit der E & P (Anl. K 7 Anlagenheft im Parallelverfahren 9 U 25/16), wonach die ARGE sich u.a. in § 11 zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung mit Deckungssummen von jeweils 5 Millionen EUR für Personenschäden sowie Sach- und sonstige Schäden und einer projektbezogenen Haftpflichtversicherung für Sach- und Vermögensschäden mit einer Deckungssumme von 50.000.000,- EUR auf ihre Kosten für die Dauer der Bauzeit verpflichtete.

Außerdem schloss die ARGE einen Nachunternehmervertrag hinsichtlich derjenigen Arbeiten, die innerhalb der ARGE der Klägerin zugewiesen waren, mit der ARGE Spezialtiefbau.., an der die Klägerin zu 60 % und die Fa. Z GmbH mit 40 % beteiligt waren.

Die Fa. P hatte einen Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag bei der M. Versicherung AG abgeschlossen. Am 06.09.2002 erstellte die M. Versicherung AG als ergänzenden Bestandteil des Versicherungsscheins einen Nachtrag,...

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