Leitsatz (amtlich)

Der Widerspruch gegen den Verschmelzungsbeschluss ist auch dann nicht entbehrlich, wenn eine nach Darstellung des Anteilsinhabers ihm vom Notar zugesagte gesonderte Aufforderung zur Erklärung des Widerspruchs nicht erfolgt ist.

 

Normenkette

UmwG § 29; SpruchG § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 15

 

Verfahrensgang

LG München (Beschluss vom 04.09.2009; Aktenzeichen 5 HK O 6163/09)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 4.9.2009 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Antragsteller hat die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller war Kommanditist der S. GmbH & Co. KG. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 11.7.2008 wurde diese auf die S. AG, die Antragsgegnerin, verschmolzen. Nach Durchführung eines Freigabeverfahrens und Rücknahme der Anfechtungsklage des Antragstellers erfolgte die Eintragung in das Handelsregister am 19.12.2008, deren Bekanntmachung am 2.1.2009. Der Antragsteller erhielt Vorzugs - und Stammaktien am Grundkapital der Antragsgegnerin.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers hatte die Gesellschaft mit Schreiben vom 13.6.2008 darauf hingewiesen, dass der Antragsteller gegen den Ver-schmelzungsbeschluss stimmen und zur Wahrung seiner Rechte gem. § 29 UmwG Widerspruch zur Niederschrift des Notars in der Versammlung erklären werde; die der Einladung im Entwurf beigefügten Verzichtserklärungen hinsichtlich der Erstattung des Verschmelzungsberichts, der Verschmelzungsprüfung und der Klageerhebung gegen den Beschluss werde er nicht abgeben. Von der ursprünglich vorgesehenen Beurkundung von Verzichtserklärungen aller Gesellschafter in der Versammlung wurde daraufhin Abstand genommen. In der Gesellschafterversammlung stimmte der Antragsteller als einziger Gesellschafter gegen den Verschmelzungsbeschluss, der mit 95,6 % der Stimmen angenommen wurde. Widerspruch erklärte er nicht.

Unmittelbar vor Beginn der Versammlung war es zu einem Gespräch zwischen dem Antragsteller und dem Notar gekommen, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist. Der Antragsteller schildert es in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 6.10.2008 wie folgt:

"Vor der Gesellschafterversammlung am 11.7.2008 kam der mir bis dahin unbekannte Notar ... zu mir, stellte sich vor und sagte, er wisse ja, dass ich der Verschmelzung widersprechen wolle. Ich müsse dazu - er würde mir das während der Versammlung noch sagen und mich zu sich bitten - mit meinem Ausweis zu ihm kommen und die entsprechende Erklärung abgeben. Zu Beginn des Gesprächs war ich zurückhaltend - der Notar war mir ja fremd, danach jedoch zufrieden, da ich mich ja offensichtlich um die Formalien betreffend Widerspruch nicht mehr zu kümmern brauchte."

Die Antragsgegnerin trägt dagegen vor, der Notar habe dem Antragsteller nicht zugesagt, ihn zu sich zu rufen. Nach Darstellung des Notars habe dieser den Antragsteller gefragt, "ob er Bescheid wisse, was zu tun sei, wenn er nicht Aktionär werden wolle". Der Antragsteller habe daraufhin geäußert, er wisse noch nicht, wie er sich entscheide und welche Erklärungen er abgeben wolle, auf Nachfrage aber bestätigt, dass er mit seinem Anwalt alles Notwendige besprochen habe. Der Notar habe ihm daraufhin den Platz gezeigt, wo er sitzen würde und ihm gesagt, der Antragsteller müsse mit seinem Ausweis während der Versammlung zu ihm kommen, wenn er Widerspruch einlegen wolle.

Mit Schriftsatz vom 2.4.2009 beantragte der Antragsteller die Bestimmung einer angemessenen Höhe der ihm anlässlich der Umwandlung anzubietenden Barabfindung. Er sei trotz des nicht erklärten Widerspruchs antragsbefugt, weil der Notar entgegen seiner Zusage nicht im Verlauf der Gesellschafterversammlung nach Widersprüchen gefragt und auch den Antragsteller nicht zu sich gebeten habe. Entsprechend § 29 Abs. 2 UmwG sei ein Widerspruch entbehrlich, weil der Grund für die Nichtabgabe in der Sphäre der Antragsgegnerin liege, die den Notar auch bezahle.

Dieser habe auf Veranlassung der Geschäftsleitung Kontakt zum Antragsteller aufgenommen.

Die Antragsgegnerin hat die Abweisung des Antrags als unzulässig beantragt. Der Antragsteller sei zu keinem Zeitpunkt gehindert gewesen, Widerspruch zur Niederschrift zu erklären. Auch habe von Seiten der Gesellschaft niemand Einfluss auf den Notar genommen.

Das LG hat mit Beschluss vom 4.9.2009 den Antrag als unzulässig abgewiesen. Zwar sei der Regelung des § 29 Abs. 2 UmwG der Rechtsgedanke zu entnehmen, dass trotz Fehlens des Widerspruchs das Abfindungsangebot angenommen werden könne, wenn der Anteilsinhaber aufgrund von Umständen aus der Sphäre der Gesellschaft am Widerspruch gehindert gewesen sei. Der Notar sei jedoch nicht der Sphäre der Gesellschaft zuzurechnen. Er sei unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes und werde im Rahmen einer Gesellschaft...

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