Leitsatz (amtlich)
1. Eine notariell beurkundete Namenserteilungserklärung kann vor ihrem Zugang beim Standesamt formlos widerrufen werden.
2. Wird der nach Aktenlage zur Überzeugung des Gerichts eindeutig feststellbare Eingang einer Erklärung beim Standesamt ins Blaue hinein bestritten, ist eine förmliche Beweisaufnahme nicht veranlasst.
Normenkette
BGB § 1617a Abs. 2, § 130; FamFG § 30 Abs. 3
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 10.01.2014; Aktenzeichen 722 UR III 15/14) |
Tenor
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG München vom 10.1.2014 wird zurückgewiesen.
2. Der Beteiligte zu 2) hat die der Beteiligten zu 3) im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu tragen.
3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2) möchte die Änderung des Nachnamens der Beteiligten zu 1) auf seinen Familiennamen erreichen.
Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die Eltern der am 6.3.2007 in München geborenen Beteiligen zu 1). Ausweislich der Verfügung und Schlussverfügung Geburtsbeurkundung vom 21.3.2007 zu Geburtenbuch Nr. xxx erfolgte die Beurkundung der Geburt am 21.3.2007, ebenso die Eintragung in das Zweitbuch und das Namensverzeichnis. In der "verbindlichen Erklärung zur Namensgebung" vom 19.3.2007, die nur von der Beteiligten zu 3) unterschrieben ist, heißt es "Wir/Ich gebe(n) unserem/meinem Kind folgende(n) Vornamen: xxx und folgenden Familiennamen: xxx". Auf der Erklärung befindet sich folgender mit Bleistift geschriebener handschriftlicher Vermerk "Kind soll erst ohne Vater beurkundet werden", der vom Standesbeamten unterschrieben ist. Am 5.4.2007 erklärten die Beteiligten zu 2) und 3) zur Urkundsnr. xxx des Notars xxx in xxx, das sie darüber einig seien, dass die elterliche Sorge bei der Mutter verbleibe, eine gerichtliche Entscheidung sei insoweit nicht getroffen worden. Das Kind habe bisher den Namen der Mutter geführt, sie bestimmten als Nachnamen des Kindes den Familiennamen seines Vaters. Die Urkunde übersandte der Notar am 11.4.2014 an das Stadtjugendamt. Am 29.6.2007 ging eine beglaubigte Abschrift mit Anschreiben des Urkundennotars vom 27.6.2007 beim Standesamt ein.
Am 27.9.2013 ließ der Beteiligte zu 2) unter Berufung auf die "unwiderrufliche und unanfechtbare" Namensbestimmungserklärung die Änderung des Namens der Betroffenen auf "xxx" beantragen. Auch die beiden älteren Kinder der Beteiligten zu 2) und 3) trügen diesen Nachnamen. Außerdem habe die Mutter das Kind verschiedentlich - etwa bei der Krankenversicherung und im Kindergarten - mit dem Namen "xxx" angemeldet. Das Standesamt lehnte mit Bescheid vom 30.12.2013 die Beischreibung der beantragten Namensänderung ab.
Daraufhin stellte der Beteiligte zu 2) beim AG "Antrag auf Anweisung zur Vornahme einer abgelehnten Amtshandlung". Dem Standesamt sei die Namensbestimmungserklärung nachweislich mit Schreiben vom 11.4.2007 zugegangen. Die Erklärung weise eindeutig aus, dass die Beteiligte zu 3) entsprechend der gesetzlichen Vorgabe des § 1617a BGB der Betroffenen den Namen des Vaters gegeben habe. Es sei kein Grund ersichtlich die Namensgebung nicht zu vollziehen. In seiner Stellungnahme verwies das Standesamt darauf, dass die Namensbestimmungserklärung erst am 29.6.2007 eingegangen sei, zuvor aber habe die Mutter am 25.6.2007 fernmündlich mitgeteilt, dass die Erteilung des Namens des Vaters nicht mehr gewünscht werde. Die Standesamtsaufsicht hat insoweit darauf verwiesen, dass der Widerruf einer namensrechtlichen Erklärung auch formlos möglich sei. Der Beteiligte zu 2) war demgegenüber der Auffassung, dass der Zugang der namensrechtlichen Erklärung durch das notarielle Schreiben vom 11.4.2007 nachweisbar sei. Er beantragte, das Standesamt zu veranlassen, den handschriftlichen Vermerk über das angebliche Telefonat am 25.6.2007 vorzulegen. Er behalte sich vor, ein graphologisches Gutachten zum Entstehungszeitpunkt der Erklärung in Auftrag zu geben. Es sei unzulässige Rechtsausübung, auf ein angebliches Telefonat ohne nachvollziehbare Authentizitätsprüfung Bezug zu nehmen. Es stelle sich die Frage, ob sichergestellt sei, dass die Kindsmutter das Telefonat überhaupt geführt habe. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass der handschriftliche Vermerk vom "2.6.20007" im Jahre 2007 gefertigt worden sei. Das "datumslose Schriftstück" gebe Informationen wieder, unterlasse aber die Namensnennung des Kindes, der Urkundsnummer oder der Beteiligten (Schriftsatz vom 14.4.2014, S. 5). Es bleibe unerfindlich, warum auf einen Eingang im Juni 2007 unter Bezug auf ein notarielles Schreiben vom 27.6.2007 verwiesen werde. Die Mutter verhalte sich widersprüchlich zumal sie im Rechtsverkehr für das Kind mit dem Namen "xxx" aufgetreten sei. Im Übrigen stelle sich die Frage, ob hier möglicherweise nachträglich ein Rechtfertigungsgrund für deutlich zu Tage tretendes behördliches Fehlverhalten geschaffen worden sei (aaO, S. 2).
Das AG hat mit Beschluss vom 10.10.2014 davon abgesehen, dem Standesb...