Leitsatz (amtlich)
Nach der Neuregelung der Zwangsmittel in § 35 FamFG kommt die Androhung von Zwangsgeld als Vorstufe der Festsetzung (§ 33 Abs. 3 Satz 1 FGG a.F.) nicht mehr in Betracht. Eine derartige Anordnung entbehrt der gesetzlichen Grundlage und ist auf Beschwerde regelmäßig ersatzlos aufzuheben.
Normenkette
FamFG § 35; GBO § 71; FGG § 33 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
AG Traunstein (Beschluss vom 12.11.2009) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des AG Traunstein - Grundbuchamt - vom 12.11.2009 aufgehoben.
Gründe
I. Im Grundbuch ist als Eigentümer eines Grundstücks noch der am 11.4.2007 verstorbene Erblasser eingetragen. Dem Grundbuchamt wurde bekannt, dass auch dessen Erbin am 29.8.2008 verstorben ist. Es forderte mit Schreiben vom 15.10.2009 unter Hinweis auf § 82 GBO den Beteiligten als deren Erben auf, bis spätestens 6.11.2009 einen Antrag auf Grundbuchberichtigung zu stellen und eine Ausfertigung des Erbscheins vorzulegen. Das Schreiben enthielt den Hinweis auf die Möglichkeit, "die Vorlage der erforderlichen Unterlagen mittels Zwangsgeld zu erzwingen".
Der Beteiligte hat weder einen Antrag gestellt noch den Erbschein vorgelegt. Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 12.11.2009 dem Beteiligten die Festsetzung eines Zwangsgeldes i.H.v. bis zu 25.000 EUR angedroht, abwendbar durch die Vorlage einer Ausfertigung des Erbscheins bis zum 4.12.2009. Der Beschluss ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und wurde zugestellt. Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 24.11.2009, die damit begründet wird, dass noch keine Einigkeit über den Wert des Nachlasses und damit über die Kosten für den Erbschein bestehe. Dessen Erteilung hänge von der Bezahlung der Gebührenrechnung ab. Das zuständige AG gehe von einem unrichtigen Gegenstandswert aus, so dass die Rechnung nicht bezahlt werde und auch der Erbschein nicht erteilt werden könne. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.1. Da das gegenständliche Zwangsverfahren zum Zwecke der Grundbuchberichtigung nach dem 31.8.2009 eingeleitet wurde, ist das seit 1.9.2009 geltende Verfahrensrecht (vgl. Art. 112 Abs. 1 i.V.m. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG) anzuwenden.
2. Über die Beschwerde entscheidet nicht nach § 35 Abs. 5 FamFG i.V.m. § 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Einzelrichter, sondern der Senat. § 35 Abs. 5 FamFG betrifft die Anordnung des Zwangsmittels, nicht dessen Androhung. Es verbleibt daher bei den allgemeinen Vorschriften.
3. Auf die Beschwerde ist der angefochtene Beschluss ersatzlos aufzuheben.
a) Die Beschwerde ist statthaft. Dies beurteilt sich nicht nach § 58 FamFG, sondern nach dem speziellen Verfahrensrecht der Grundbuchordnung, also § 71 GBO. Hiernach findet gegen Entscheidungen des Grundbuchamts die (unbefristete) Beschwerde statt. Anfechtbar sind zwar in der Regel nur die in der Sache abschließenden Entscheidungen (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 71 Rz. 11), so dass verfahrensleitende Maßnahmen wie etwa eine Beweisanordnung als Beschwerdegegenstand grundsätzlich ausscheiden (Demharter § 71 Rz. 20). Anders ist dies jedoch, wenn die Maßnahme unmittelbar erheblich in die Rechte eines Beteiligten eingreift (BayObLGZ 2004, 382/383).
b) Nach dem bis 31.8.2009 geltenden § 33 Abs. 3 FGG war die Androhung des Zwangsmittels Voraussetzung für dessen Festsetzung. Bereits gegen die Androhung war nach allgemeiner Meinung die Beschwerde zulässig (vgl. z.B. Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 33 Rz. 25 m.w.N.; aus der Rechtsprechung: BGH NJW 1979, 820/821). Begründet wurde dies damit (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 1978, 192/193), dass bereits das in Aussicht Stellen eines Zwangsmittels unmittelbar in die Rechtsposition eines Beteiligten, nämlich in die persönliche Handlungsfreiheit eingreife und ihn einem psychischen Zwang aussetze, teils auch damit, dass die Androhung die Grundlage für Zwangsmaßnahmen bilde (vgl. z.B. Jansen/Baronin von König FGG, 3. Aufl., § 33 Rz. 49). § 35 FamFG setzt die Androhung des Zwangsmittels nicht mehr voraus (vgl. nur Bassenge/Roth FamFG 12. Aufl., § 35 Rz. 14); stattdessen verlangt § 35 Abs. 2 FamFG, dass die gerichtlichen Anordnung auf die Folge der Zuwiderhandlung, nämlich die Verhängung von Zwangsgeld oder Zwangshaft, hinweist. Auch wenn die Androhung des Zwangsmittels nicht mehr die Voraussetzung für dessen Verhängung ist und sich die Rechtsposition des Betroffenen damit nicht verschlechtert, verbleibt es mit der nun ohne gesetzliche Basis erfolgten Androhung bei einem unmittelbaren Eingriff in die Handlungsfreiheit des Beteiligten. Dies stellt eine Rechtsbeeinträchtigung (§ 58 Abs. 1 FamFG) dar, gegen die der Betroffene Rechtsschutz beanspruchen kann (vgl. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG).
Dem steht auch die Bestimmung in § 35 Abs. 5 FamFG nicht entgegen, weil sie nur das statthafte Rechtsmittel für den die Zwangsmaßnahme anordnenden Beschluss selbst regelt.
Der Beschluss ist seinem eindeutigen Inhalt nach auch nicht als nochmalige Anordnung der Erbscheinsvorlage zu versteh...