Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde, Gemeinde, Untersagung, Gutachten, Unterlassung, Befangenheit, Zustimmung, Duldung, Erledigung, Mangel, müde, Ablehnung, Technik, Schriftsatz, sofortige Beschwerde, Besorgnis der Befangenheit, Stand der Technik

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 07.03.2023; Aktenzeichen 30 O 4461/19)

LG München I (Beschluss vom 10.02.2023; Aktenzeichen 30 O 4461/19)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klagepartei werden der Beschluss des Landgerichts München I vom 10.02.2023 sowie der Nichtabhilfebeschluss vom 07.03.2023, Az. jeweils 30 O 4461/19, aufgehoben.

2. Das Befangenheitsgesuch der Klagepartei vom 13.10.2022 in Bezug auf den Sachverständigen Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. H. P. wird für begründet erklärt.

 

Gründe

I. Die Klagepartei wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung ihres Befangenheitsantrags gegen den Sachverständigen P. durch das Landgericht.

Mit ihrer mit Datum vom 01.04.2019 erhobenen Klage verlangt die Klägerin - eine WEG - von den Beklagten - eine Gemeinde und eine kommunale Infrastrukturgesellschaft - die Zustimmung zur Löschung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit eines Netztrafostationsrechts, die Unterlassung des Betriebs einer Netztrafostation sowie die Untersagung der Durchführung eines Doppelbodenbaus bzw. von Abbrucharbeiten am Mauer- und Bodenwerk. Die Beklagten verlangen widerklagend, den von der Klägerin überlassenen Raum für den weiteren Betrieb der Netztrafostation in einen geeigneten Zustand zu versetzen und bestimmte, näher bezeichnete Baumaßnahmen durchzuführen. Des Weiteren verlangen sie die Duldung der Ertüchtigung der Netztrafostation und die Duldung des Weiterbetriebs.

Am 17.02.2020 erließ das Landgericht einen Beweisbeschluss (Bl. 86/89 d.A.) zu der Behauptung der Klagepartei, die geplanten Bauarbeiten stellten wegen des Einbringens schwerer Lasten eine Gefahr für das Gebäude dar (Beweisfrage 1), des Weiteren zu der Behauptung, es gäbe keine zwingende technische bzw. netztechnische Notwendigkeit für die Durchführung der von den Beklagten geplanten Maßnahmen (Beweisfrage 2). Darüber hinaus sollte über die Behauptung der Widerkläger Beweis erhoben werden, dass die baulichen Maßnahmen zwingend notwendig seien, um die Trafostation in einen für den Weiterbetrieb geeigneten Zustand zu versetzen (Beweisfrage 4). Zum gerichtlichen Sachverständigen wurde der nunmehr abgelehnte Sachverständige Dipl.Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. P. bestimmt. Der Sachverständige ist von der IHK für M. und O. öffentlich bestellt und vereidigt für die Sachgebiete Elektrische Energieversorgung, Energiewirtschaft und Kraft-Wärme-Kopplung.

Mit Beschluss vom 06.04.2020 wurde der Beweisbeschluss ergänzt. Danach sollte auch Beweis erhoben werden über die Behauptung der Klagepartei, die geplanten Bauarbeiten und Ertüchtigungsmaßnahmen führten zu einer technischen Neuerrichtung der Trafostation (Beweisfrage 3).

Der Sachverständige erstattete sein Gutachten am 01.07.2020.

Die Klagepartei monierte mit Schriftsatz vom 17.07.2020, der Sachverständige habe die Beweisfrage 1 überhaupt nicht beantwortet. Überdies liege der Transformator nicht etwa - wie aber der Sachverständige ausgeführt habe - auf dem Betonfundament auf, sondern auf der Betondecke des Kellers mit einer Stärke von 180 mm.

Auch Beweisfrage 2 habe der Gutachter nicht beantwortet. Bei dessen Ausführungen, die Veranlassung des Trafotauschs sei allein schon aus Gründen der Erneuerung gegeben, handele es sich überdies um einen Zirkelschluss. Bei der Beweisfrage 3 sei unklar, warum der Sachverständige auch den baulichen Teil in die Beantwortung einschließe, denn der Beweisbeschluss habe ausschließlich von der "Einbringung elektrischer Komponenten" gesprochen, welche zu einer "technischen Neuerrichtung" führten. Außerdem habe er abweichend von der Beweisfrage von sich aus kaufmännische Erwägungen angestellt und diese - obwohl sie nicht Beweisthema gewesen seien - dem Gutachten als Antwort "untergeschoben". Auch bei Beweisfrage 4 sei der Gutachter der Beweisfrage aus dem Weg gegangen. Er habe Ausführungen zum Bestandsschutz gemacht, anstatt die Beweisfrage schlicht zu verneinen.

Mit Verfügung vom 19.08.2020 (Bl. 143 d.A.) übersandte das Landgericht sodann den klägerischen Schriftsatz vom 17.07.2020 sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 13.08.2020 an den Sachverständigen, "m.d.B. um Beantwortung der dort aufgeführten Ergänzungsfragen bis 30.09.2020". Unter dem Datum 31.08./21.09.2020 erstattete der Sachverständige sein diesbezügliches Ergänzungsgutachten (Bl. 145/155 d.A.). Dort heißt es auf Seite 8:

"Der Augenschein hat ergeben, dass der Transformator über die Zufahrt zur Tiefgarage, problemlos ebenerdig von außen aus eingebracht werden kann. Der jetzige Transformator der Nennleistung 315 kVA wiegt rd. 1.300 kg, der neue 630 kV - Transformator hat ein Gewicht von rd. 2.000 kg. Aufgrund des Augenscheins erübrigt sich ein statischer Nachweis zur Tragfähigkeit der Decke".

Mit Schriftsatz vom 06.11...

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