Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeitsvoraussetzung einer Schiedsvereinbarung
Normenkette
ZPO § 1029 Abs. 2, § 1031 Abs. 5, § 1034 Abs. 1 S. 2, § 1035 Abs. 3 S. 3
Tenor
I. Zum zweiten beisitzenden Schiedsrichter zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wegen Ansprüchen im Zusammenhang mit der Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch den Antragsteller, insbesondere zur Höhe des Abfindungsguthabens, zur anteiligen Kostentragung für das Schiedsgutachten vom 9.2.2015 und zur Austragung des Antragstellers aus dem Handelsregister, wird bestellt: Rechtsanwalt H. L.,
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Bestellungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 25.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller ist gemäß Gesellschaftsvertrag vom 4.10.2002 einer von zwei Gründungskommanditisten der Antragsgegnerin zu 1, einer Gesellschaft mit dem Unternehmenszweck "Beratung, Vermessung, Projektierung, Bauleitung, Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung, Bauausführung und Generalunternehmung für Bauten aller Art sowie Erbringung von Sachverständigengutachten". § 20 des Gesellschaftsvertrags enthält folgende Schiedsklausel:
Zur Entscheidung über alle Streitigkeiten, die sich zwischen den Gesellschaftern auf der einen Seite und der Gesellschaft auf der anderen Seite oder zwischen Gesellschaftern untereinander aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses - auch über die Rechtswirksamkeit und Auslegung des Gesellschaftsvertrages oder einzelner Bestimmungen - ergeben, ist unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges ein Schiedsgericht zu berufen. Ausgenommen sind nur solche Streitigkeiten, die von Gesetzeswegen einem Schiedsgericht nicht zur Entscheidung übertragen werden dürfen. Über Zuständigkeit, Zusammensetzung und das Verfahren treffen die Gesellschafter in gesonderter Urkunde eine Vereinbarung.
Entgegen Satz 3 der Schiedsklausel wurde nachfolgend eine gesonderte Vereinbarung über die genannten Regelungsgegenstände nicht geschlossen.
Mit Einwurfeinschreiben vom 30.3.2015 richtete der Antragsteller an die als Schiedsbeklagte bezeichnete Antragsgegnerin den Antrag, die ... Streitigkeit betreffend die Abfindung des Schiedsklägers, die hälftige Erstattung der Kosten des Schiedsgutachtens und die Pflicht der Schiedsbeklagten zur Antragstellung beim Handelsregister einem Schiedsgericht vorzulegen.
Zugleich benannte er einen Schiedsrichter und forderte die Antragsgegnerin auf, binnen eines Monats nach Antragszugang gleichfalls einen Schiedsrichter zu bestellen. Dem ist die Antragsgegnerin weder innerhalb der gesetzten Frist noch bis zur Einleitung des Verfahrens auf Bestellung eines Schiedsrichters gemäß Antragsschriftsatz vom 20.5.2015 nachgekommen.
Zu den im gerichtlichen Bestellungsverfahren seitens des Gerichts gemachten Vorschlägen hat sich der Antragsteller nicht geäußert. Die Antragsgegnerin hat sich für den im Tenor bestellten Schiedsrichter ausgesprochen.
II. Der zulässige Bestellungsantrag ist begründet.
1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, Abs. 5, § 1025 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 7 GZVJu vom 11.6.2012 (GVBl S. 295). Die Antragsgegnerin hat ihren Sitz in Bayern.
2. Gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung (siehe § 1029 ZPO) bestehen keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es einer abschließenden Entscheidung über die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung im Rahmen des Bestellungsverfahrens bedarf (Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. § 1035 Rn. 17).
a) Dass die in § 20 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags angekündigte gesonderte Vereinbarung nicht zustande gekommen ist, führt - auch unter Berücksichtigung von § 139 BGB - nicht ohne weiteres zur Unwirksamkeit der in den Sätzen 1 und 2 getroffenen Regelung, mit der die Parteien eine verbindliche Kompetenzzuweisung an ein Schiedsgericht bei klarer Definition der Reichweite der schiedsrichterlichen Kompetenz vorgenommen haben. Die letztlich nicht mehr zustande gekommene Vereinbarung sollte demgegenüber lediglich fakultative Inhalte einer Schiedsvereinbarung betreffen, nämlich die Konstituierung des Schiedsgerichts und das schiedsrichterliche Verfahren regeln (vgl. Schlosser in Stein/Jonas ZPO 23. Aufl. § 1029 Rn. 12; MüKo/Münch ZPO 4. Aufl. § 1029 Rn. 93, 99 bis 101; Wieczorek/Schütze ZPO 4. Aufl. § 1029 Rn. 8, 13 f.; Prütting/Gehrlein ZPO 7. Aufl. § 1029 Rn. 2, 13; auch Kröll NJW 2011, 1265/1266). Obsolet erscheint die in Satz 3 der Klausel außerdem angekündigte Regelung der Zuständigkeit in gesonderter Urkunde, denn die Frage der Zuständigkeit ist bereits in Satz 1 der Schiedsklausel umfassend und bestimmt geregelt. Hinreichende Anhaltspunkte für einen fehlenden Bindungswillen der Vertragsparteien liegen nicht schon im Ausbleiben der angekündigten ergänzenden Vereinbarung (Senat vom 15.11.2012, 34 SchH 2/12, n. v.; Kröll SchiedsVZ 2012, 136/138; ders. NJW 2013, 3135/3137); insoweit stellt das Gesetz mit §§ 1034 f., 1042 ff. ZPO Regeln zur Verfügung. Vor dem Senat haben sich die Parteien auf einen fehlenden ...